Zoff um Zweitbesetzungen: Warum Bremen bei Grundschulkindern spart
Rot-Grün-Rot hatte sich vorgenommen, massiv Zusatzpersonal für die Grundschulen einzustellen. Nun wird es aber kaum neue Stellen geben. Es fehlt Geld.
Bremens Senat hat jüngst ein weiteres Prestige-Projekt zusammengestrichen. Noch im Koalitionsvertrag hatte die rot-grün-rote Regierung als "Schlüsselprojekt" verkündet, sie wolle "die Doppelbesetzung von Klassen in den Grundschulen vorantreiben, beginnend mit den ersten Klassen der Grundschulen in besonders herausfordernden Lagen." Dabei wollte sich die Koalition auf jene Stadtteile konzentrieren, die bisher zu geringe Betreuungsangebote aufwiesen. Die Landesgruppe Bremen des Grundschulverbands spricht von insgesamt 150 Stellen, die hätten geschaffen werden sollen.
Dies wird aber so nicht geschehen. Denn im rot-grün-roten Haushalt ist dafür kein Geld vorgesehen. "Es ist höchst unsozial, wenn auf dem Rücken der Bedürftigsten Sparmaßnahmen getroffen werden. An den Schwächsten wird gespart", schreibt der Grundschulverband in einem Statement zu der Entscheidung. "Es ist eine Frechheit, dass die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag gekippt wird", sagt auch Jan Janicki, Fachvorstand Grundschulen des Bremer Zentralelternbeirats (ZEB).
Unsere Grundschulkinder werden im Stich gelassen.
Jan Janicki, Fachvorstand Grundschulen des Bremer Zentralelternbeirats (ZEB)
Das Bildungsressort will nun zumindest einen Teil der benötigten Finanzierung durch Bundesmittel wie dem "Start-Chancen-Programm" hereinholen. Man verfolge weiterhin das Ziel, den Grundschulen und insbesondere denen mit besonderen Herausforderungen zusätzliche Personalressourcen zur Verfügung zu stellen, sagt Kinder- und Bildungssenatorin Sascha Aulepp. "Wir brauchen und wir wollen mehr Personal an unseren Grundschulen", sagt die Senatorin. Insbesondere in den Schulen in herausfordernden Lagen sei es besonders wichtig, dass mehr als ein Erwachsener für die Kinder einer Klasse da sei. Und dies sei in vielen Schulen schon jetzt der Fall.
40 Doppelbesetzungen in Bremen und Bremerhaven
Konkret seien in der Stadtgemeinde Bremen zusätzliche pädagogische Kräfte als Doppelbesetzung an allen Grundschulen der Sozialstufen 4 und 5 – also jene mit vergleichsweise hohem Bedarf – eingestellt worden. Auch bei den ersten Schulen der Sozialstufe 3 sei bereits Personal hinzugekommen. Insgesamt sind das dem Ressort zufolge 35 Stellen.
Hinzu kämen in der Stadtgemeinde Bremerhaven seit dem Schuljahr 2022/23, finanziert durch den Bremen-Fonds, 5,5 zusätzliche Vollzeitstellen für die neun Grundschulen der Seestadt der Sozialstufen 4 und 5.
Fachkräftemangel steigert Personalnot
Ein weiteres Problem kommt jedoch dazu: Angesichts stark gestiegener Schülerinnen- und Schülerzahlen fällt es Bremen schon jetzt schwer, die Erstbesetzungen durch fachlich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrern zu gewährleisten. "Derzeit stehen wir vor der Herausforderung, zunächst überhaupt alle Stellen besetzen zu können, was angesichts des Fachkräftemangels ein enormer Kraftakt ist", sagt Aulepp.
Noch sind rund hundert Lehrerstellen unbesetzt.
Sascha Aulepp, Senatorin für Kinder und Bildung
"Es ist deshalb die vordringlichste Herausforderung, zusätzliches Personal zu gewinnen", sagt die Bildungssenatorin. Dafür öffne Bremen sich bei Doppelbesetzungen inzwischen auch für andere Qualifikationen und gehe unkonventionelle Wege.
Bremen setzt auf unkonventionelle Lösungen
Ein neuer Weg, um Kinder zu unterstützen, sei beispielsweise das Projekt "Studyfriends" im Bremer Westen. Es eröffne Studierenden den Weg in die Klassenzimmer, die im gleichen Stadtteil wohnen wie die Kinder. Dieses Projekt soll im nächsten Schritt auf den Bremer Norden ausgeweitet werden und dort mehr Personal auch an Grundschulen bringen.
Darüber hinaus sei es inzwischen möglich, auch Personen mit mehrjähriger beruflicher Erfahrung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen einzustellen. Diese erhielten dann parallel eine umfangreiche Qualifizierung, die auf den Einsatz in Grundschulen ausgerichtet sei. "2023 und 2024 konnten so jeweils zwanzig Personen entfristet und neu gewonnen werden", sagt die Senatorin.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 25. April 2024, 19:30 Uhr