Zoff auf dem Schulhof? In Bremen werden Senioren zu Streitschlichtern

Schulhof-Zoff? In Bremen werden Senioren zu Streitschlichtern

Bild: Radio Bremen | Carolin Henkenberens

Beim Projekt "Seniorpartner in School" engagieren sich Senioren als Streitschlichter in Grundschulen. Eine Bremer Schule zeigt, welchen Mehrwert das für alle Generationen bietet.

Ein Kind wird geärgert, zwischen anderen fliegen die Fäuste: Auf Schulhöfen und in Klassenzimmern ist das Konfliktpotenzial durchaus hoch. Deshalb gibt es an mehreren Bremer Grundschulen ehrenamtliche Streitschlichter: "Seniorpartner in School“ – kurz SiS – nennen sie sich.

Das Projekt wird von der Bildungsbehörde mitfinanziert und richtet sich an Menschen mit Lebenserfahrung – oft Ruheständler oder Rentnerinnen. Wie die "Seniorpartner" Konflikte lösen, zeigt die Helene-Kaisen-Grundschule in Huckelriede.

In den Pausen ist das Konfliktpotenzial hoch

Werner Fünderich ist 67 Jahre alt und hat früher bei der Flugsicherung gearbeitet. Genauso wie der 58-jährige Ingolf Meyer-Siebert. Die beiden Rentner sind ehrenamtliche Streitschlichter. Einmal in der Woche ist ihre Sprechstunde.

In der Pause gibt es häufiger Streitigkeiten. Entweder kommen die Kinder dann von sich aus zu den beiden oder die Lehrer legen ihnen einen Besuch bei den Streitschlichtern nahe. Das sei aber alles freiwillig, betont Meyer-Siebert. In der Sprechstunde der "Seniorpartner in School“ geht es mal um eine kaputte Brotdose, mal um einen Zank um ein Spielgerät. Das Schwierigste sei, sagt Meyer-Siebert, erstmal herauszufinden, worum es geht.

Eine weitere Herausforderung für die beiden Streitschlichter sei, dass die Kinder häufig nicht nur zu zweit kommen, sondern noch ganz viele Zuschauer und Zeugen dabei sind. Dann müssten sie erstmal herausfiltern, was wirklich passiert ist und wer die streitenden Kinder wirklich sind, erzählt Meyer-Siebert.

Zuhören ohne zu urteilen

Auch die Freundinnen Avi und Lovis haben schon mehrmals Rat bei den Schlichtern gesucht. Sie hatten Streit mit einem dritten Kind, das sie oft geärgert hat, berichtet Lovis.

Die achtjährige Avi ist dankbar, dass es die Streitschlichter gibt. "Mir hat es sehr geholfen, weil ich dann auch das Gefühl hatte, dass ich zu jemandem hingehen kann ohne dass er sagt, du bist auch schuld", erzählt sie.

Der Mensch ist ja immer sofort dabei, zu werten.

Werner Fünderich, Streitschlichter

Zuhören ohne zu urteilen: Wie das geht, lernen die Streitschlichter in einer Mediationsausbildung. Die Meditationsausbildung dauert 80 Stunden. Ein elementarer Teil der Ausbildung sind Rollenspiele. "Uns wurde immer beigebracht, nicht zu werten", berichtet Werner Fünderich. Deshalb würden sich die Streitschlichter immer erst anhören, was beide Kinder und Parteien zu sagen haben.

Die Kinder wissen oft selbst, wie sie den Streit lösen können

An zehn Bremer Grundschulen sind die "Seniorpartner“ derzeit schon im Einsatz. Der Begriff "Seniorpartner" heißt: Die Menschen kommen aus der Generation 55-Plus. Sie haben also Lebenserfahrung. Dennoch gehe es beim Streitschlichten nicht um großelterliche Ratschläge, betont Ingolf Meyer-Siebert.

Die Kinder sind kreativer, als man glaubt und kommen auch selbst drauf, was man tun könnte, um so einen Streit nicht wieder eskalieren zu lassen.

Ingolf Meyer-Siebert, Streitschlichter

Auch Lovis und Avi hat die Schlichtung geholfen, mit dem Konflikt klarzukommen. Sie beschäftigen sich nicht mehr mit dem Kind, das sie so oft geärgert hat. Und sie haben sogar für künftige Konflikte was gelernt, verrät Lovis: "Entschuldigung sagen, wenn man was falsch gemacht hat. Und dann auch fragen, wieso hast du das gemacht. Dann ist ein Streit auch relativ schnell geklärt."

Aktuell sucht das Projekt nach neuen Ehrenamtlichen. Denn Mitte April gehen neue Kurse für die Mediationsausbildung los. Interessierte können sich beim Verein "Seniorpartner in School" melden.