Sparen bei Freiwilligendiensten? Welche Einschnitte Bremen erwartet

Eine junge Frau betreut Kinder in einer Kinderkrippe
Auch in Bremer Kitas könnten künftig weniger Bundesfreiwilligendienste arbeiten. Aktuell sind es 700 Stellen in Bremen. (Symbolbild) Bild: dpa | Michael Reichel

Der Bundes-Etat für Freiwillige soll im kommenden Jahr deutlich kleiner werden – was das bedeutet, zeigt das Beispiel einer Bremer Kita. Und nicht nur dort muss wohl gespart werden.

Sie arbeiten in Kitas, in Krankenhäusern, mit Menschen mit Behinderung. Sie setzen sich für die Umwelt ein, helfen mit in Museen und auch in politischen Einrichtungen: Was diejenigen leisten, die sich für einen Freiwilligendienst entscheiden, ist sehr vielfältig.

In Bremen spricht die Sozialbehörde von rund 700 gemeldeten Stellen – diese Zahl könnte aber bald schrumpfen: Aus Spargründen soll der Bundes-Etat für die Freiwilligen im kommenden Jahr ein Viertel kleiner werden. Und nicht nur dieser Etat soll schrumpfen. Auch die Jobcenter könnten künftig deutlich weniger Geld zur Verfügung haben.

Was durch die Freiwilligendienste in Zukunft fehlen könnte, zeigt das Beispiel einer Kindergartengruppe aus Bremen: Anna El Said gehört in der Kita Heduda schon voll dazu. Vor einem Monat hat die 19-Jährige in der naturorientierten Kindergartengruppe ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) begonnen. Nach dem Fachabi brauchte sie Orientierung – und die soll ihr das FÖJ bringen.

Es gibt so viele Möglichkeiten, was man nach dem Abi oder nach dem Realschulabschluss machen kann. Und ich wollte jetzt nicht kopfüber ins Wasser springen und einfach in die nächste Ausbildung gehen – und dann gefällt mir das gar nicht.

Anna El Said, Freiwilligendienstlerin

El Said findet es schwierig sich in ihrem jungen Alter schon komplett zu entscheiden, was sie langfristig machen möchte.

Gefahr in Zeiten des Fachkräftemangels

Diese Möglichkeit, relativ ungezwungen und unverbindlich das Arbeitsleben in einem bestimmten Bereich zu testen – mit einem Abbau des Freiwilligendienstes würde sie für viele junge Leute verschwinden. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels keine gute Entwicklung, da ist sich Erzieherin Eva-Maria Günther sicher. Denn viele Freiwillige, die so einen Dienst gemacht hätten, hätten sich tatsächlich auch für die Ausbildung zur Erzieherin entschieden oder seien ins soziale Studium gegangen.

Beim Fachkräftemangel in der heutigen Zeit ist das eine richtig gute Grundlage für Orientierung.

Eva-Maria Günther, Erzieherin in Bremen

Freiwillige wie Anna sind für die Kita kein netter Bonus, sondern essentiell, betont die Pädagogin – ohne sie würde es schwer, den Bildungsauftrag zu erfüllen. Finanzielle Mittel für Freiwillige zu streichen, würde die Qualität der Arbeit stark senken, sagt Eva-Maria Günther: "Das bedeutet, dass viele Sachen einfach in der Bildungsarbeit, im Kindergarten nicht mehr stattfinden können. Man muss dann nein sagen. Vielleicht auch, dass eine Gruppe vielleicht gar nicht in Vollzeit geöffnet werden kann, so was gibt es in der heutigen Zeit auch. Wir brauchen Freiwillige mit unserer Arbeit, in unserer Arbeit."

Freiwilligenstellen bis Sommer 2024 gesichert

Ähnlich sieht es Uwe Wrede. Er arbeitet als leitender Pädagoge beim Sozialen Friedensdienst Bremen, der viele Stellen für Freiwillige vermittelt. Sie decken zum Beispiel in Schulen, in Kitas, aber auch in Einrichtungen für alte Menschen gerade die kleinen Dinge ab, die es dringend brauche, beobachtet er immer wieder: "Kinder trösten, was vorlesen, die Leute mal mitnehmen, nach draußen gehen, was mit denen machen. Genau diese kleinen, qualitativen Sachen, die das eigentlich so schön machen, das Leben oder in der sozialen Organisation, die würden auf der Strecke bleiben."

Bis zum Sommer 2024 sind alle Freiwilligenstellen in Bremen finanziert und sicher, sagt Uwe Wrede – weniger Geld, wie vom Bund angedacht, könnte anschließend aber bedeuten, dass die derzeitige Vielfalt beim Freiwilligendienst schlagartig abnimmt: "Bremen ist ja ein kleines Bundesland. Es hat viele kleine Einsatzstellen, die auf Freiwillige auch angewiesen sind und die auch Freiwillige finanzieren können. Ein Fehlen einer Bezuschussung würde bedeuten, dass vielleicht diese Stellen auch alle wegfallen. Das heißt, nur noch große Träger wie Krankenhäuser, größere Organisationen können sich das dann noch leisten."

Freiwillige helfen bei kleinen Dingen

Die Kita Heduda kann Helfer wie Anna womöglich nicht finanzieren, wenn die Zuschüsse ausbleiben sollten. Für Anna, die froh ist, dass ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr aktuell noch problemlos finanziert werden kann, wäre das Sparen am falschen Ende: "Das ist einfach gut, wenn mehr Hände anpacken. Je mehr, desto besser."

Und dann wird sie auch schon wieder gebraucht – die Kinder wollen in den Kita-eigenen Gemüsegarten, Gurken, Tomaten und Physalis ernten. Die kleinen Dinge – ohne sie wäre es in der Kita wohl längst nicht so schön.

Bremer Einrichtungen leiden: "Wir brauchen die Freiwilligen"

Bild: Radio Bremen

Autor

  • Jens Otto
    Jens Otto Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. September 2023, 19:30 Uhr