Fragen & Antworten
Höhere Lkw-Maut bringt Bremer Transportunternehmen auf die Palme
Durch einen CO2-Aufschlag verdoppelt der Bund die Lkw-Maut. Fahrzeuge, die mit Strom oder Wasserstoff fahren, bleiben verschont. Bremer Unternehmen bangen um ihre Existenz.
In Bremer Transport- und Logistikunternehmen machen sich Ratlosigkeit und Wut breit. Denn das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Novelle des Bundesfernstraßenmautgesetzes beschlossen. Sollte das Gesetz in dieser Form in Kraft treten, müssen die Fuhrunternehmen ab kommendem Dezember etwa doppelt so viel Maut für ihre Lastkraftwagen auf deutschen Fernstraßen zahlen wie momentan. Der Grund: Deutschland erhebt einen CO2-Aufschlag. Die Branche fürchtet, dass gerade kleinere Unternehmen dadurch in Schieflage geraten könnten. Zu den Hintergründen und den konkreten Sorgen:
Was besagt der neue Gesetzestext konkret, und wieso ändert der Bund das bestehende Maut-Gesetz überhaupt?
Wie das Bundesverkehrsministerium mitteilt, möchte der Bund zum Dezember dieses Jahres einen CO2-Aufschlag in Höhe von 200 Euro pro Tonne Kohlendioxid einführen. Emissionsfreie Lkw sollen bis Ende 2025 von der Maut befreit bleiben und anschließend lediglich ein Viertel des regulären Mautsatzes zahlen für Infrastrukturkosten. Außerdem soll die Lkw-Mautpflichtgrenze für Nutzfahrzeuge von derzeit 7,5 Tonnen auf 3,5 Tonnen abgesenkt werden und zwar "zum technisch frühestmöglichen Zeitpunkt am 1. Juli 2024". Handwerksbetriebe sollen davon ausgenommen bleiben.
Hintergrund der Gesetzesnovelle ist laut Verkehrsministerium eine neue europäische Rechtslage: Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union müssten bei den Mautgebühren die Vorgaben der sogenannten "Eurovignetten-Richtlinie" beachten. Die Eurovignetten-Richtlinie wurde im Jahr 2022 überarbeitet. Sie sieht unter anderem vor, dass bei der Maut für schwere Nutzfahrzeuge spätestens ab dem 25. März 2024 nach CO2-Ausstoß differenziert werden muss.
Wie wird sich die Erhöhung der Lkw-Maut nach Meinung Bremer Transportunternehmer auswirken?
Holger Schulz, Vorstand im Verein Bremer Spediteure sowie Geschäftsführer der EKB Container Logistik GmbH & Co. KG, spricht von einer "faktischen Steuererhöhung", durch die neue Maut: "Die Transportunternehmen sollen die Steuer eintreiben." Den Fuhrunternehmen werde keine andere Wahl bleiben, als die Mehrkosten durch die höhere Maut eins zu eins an ihre Kunden weiterzugeben – samt der zusätzlichen Kosten für die Anfahrten und Abfahrten zu diesen Kunden.
Das glaubt auch Olaf Mittelmann, Geschäftsführer des Landesverbands Verkehrsgewerbe Bremen. Er fügt hinzu: "Und die Kunden der Fuhrunternehmen werden die Mehrkosten wiederum an ihre Kunden weitergeben – also an alle. Jedes Produkt vom Joghurt bis zum Auto wird früher oder später mit einem Lkw transportiert." Aus diesem Grund werde die Mauterhöhung die Inflation begünstigen.
Dass auf die Transportunternehmen durch die höhere Maut auch höhere Kosten zukommen, ist klar. Aber wieso bangen sie deswegen gleich um die Existenz mittelständischer Firmen?
Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), glaubt, dass viele Unternehmen, zumal auf dem Land, wo weite Transportwege bewältigt werden müssen, neue Preissteigerungen nicht verkraften können, nachdem die Preise in den letzten Jahren bereits deutlich angestiegen sind.
Das glaubt auch Olaf Mittelmann: "Die Außenstände werden sich für viele durch die hohe Maut erhöhen. Das wird den einen oder anderen an die Grenze seiner Liquidität bringen." Gerade kleine Unternehmen könnten in der Regel keine großen Beträge auslegen.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) bezeichnet die Novelle als "Anreiz für die Branche, auf klimafreundliche Fahrzeuge umzusteigen". Tatsächlich bleiben emissionsfreie Lkw bis 2025 von der Maut befreit und zahlen danach viel weniger als konventionelle Lkw. Was sagen Bremer Fuhrunternehmen dazu?
Holger Schulz bemängelt, dass mit Wasserstoff oder elektrisch betriebene Lkw zwischen 350.000 und 400.000 Euro kosteten. "Trotz Förderung ist das noch immer viel mehr Geld, als ein konventioneller Lkw kostet. Das können sich viele einfach nicht leisten, schon gar nicht, wenn es um eine ganze Fahrzeugflotte geht."
"Besonders ärgerlich" findet er zudem, dass das Gesetz in seiner jetzigen Fassung mit Flüssiggas (LNG) angetriebene Fahrzeuge nicht von der Maut befreien wird, auch solche nicht, die mit Bio-LNG fahren. Ihn persönlich, so Schulz, treffe dies besonders hart, weil sein Unternehmen nach jetzigen Plänen ab Januar 105 mit Bio-LNG angetriebene Lkw haben werde.
Doch nicht nur die hohen Kosten für emissionsfreie Lkw bringen die Fuhrunternehmer auf die Palme. So sagt Olaf Mittelmann: "Es gibt noch gar keine Infrastruktur für diese Fahrzeuge." So gebe es in Deutschland praktisch noch keine Elektro-Ladestationen für Lkw und auch kaum Möglichkeiten, Wasserstoff zu tanken. Schließlich mangele es bislang an Fahrzeugen.
Was fordert die Güterkraftverkehr-Branche nun vom Bund?
Der BGL hat einen Forderungskatalog aus sieben Punkten verfasst, den der Verein Bremer Spediteure "im vollen Umfang" mitträgt, wie Geschäftsführer Robert Völkl mitteilt. Darin fordern die Transportunternehmen unter anderem:
- dass die CO2-Maut erst 2025 eingeführt wird
- ein Stufenmodell für die Einführung der CO2-Maut, das die Verfügbarkeit emissionsfreier Fahrzeuge samt alternativer Tank- und Ladeinfrastruktur berücksichtigt
- dass E-Fuels (synthetische Kraftstoffe aus Wasser uns Kohlenstoffdioxid) mit emissionsfreien Fahrzeugen gleichgestellt werden
- dass der Bund die Einnahmen aus der Maut, anders als geplant, in den Straßengüterverkehr investiert und nicht etwa in den Schienenverkehr