Wie das "frauenzimmer" in Bremen seit 20 Jahren Frauen in Not hilft
Den Tagestreff für wohnungslose Frauen in Bremen gibt es schon seit 2004. Wie hat sich die Situation und die Problemlage in dieser Zeit entwickelt?
Der Tagestreff "frauenzimmer" der Inneren Mission bietet Frauen in Not eine Anlaufstelle in Bremens Innenstadt. In der offenen Einrichtung in der Abbentorstraße 5 finden sie verschiedenste Angebote vor wie beispielsweise Mittagessen, Kleiderkammer, PC- und Internetnutzung, Schreibwerkstatt oder auch nur einen ruhigen Ort für sich selbst. Wöchentlich besuchen rund 150 Frauen das niedrigschwellige Treffangebot.
Annabell ist eine der Frauen, die im "frauenzimmer" der inneren Mission Unterstützung findet. Hier bekommt sie ihren Kaffee, und hat die Möglichkeit zu duschen.
Ich habe keine Wohnung und ich habe zu wenig Geld.
Annabell, Hilfesuchende beim Frauenzimmer
Das "frauenzimmer" ist eine Anlaufstelle für Frauen, die in Not geraten sind. Die ihre Wohnung verloren haben, in Notunterkünften wohnen, auf der Straße leben oder für Frauen, die mit Sucht, psychischen Problemen und Einsamkeit zu tun haben. "Es sind Frauen, die sozial keinerlei Kontakt haben, die einfach wenig Geld haben und die das als tagesstrukturierende Maßnahmen letztendlich nutzen", erklärt Anna Künzel, Koordinatorin des "frauenzimmers". "Auch teilweise in Ruhe mal auf dem Sofa liegen, ein paar Stunden am Stück schlafen, in Sicherheit", sagt sie.
Verluste, Drogen, psychische Krankheiten
Tatjana wohnt in einer Notunterkunft der Inneren Mission. Zu der Frage, wie es dazu gekommen ist, berichtet sie: "Ich konnte meine Miete nicht mehr bezahlen und hatte dann Ängste. Man muss ja eigentlich hier in Deutschland einfach zum Jobcenter gehen und das traute ich mich dann nicht mehr. Und dann saß man da in der Bredouille – und dann ist man ganz schnell unten", sagt sie.
Bei vielen Wohnungslosen gibt es ähnliche Geschichten. Verluste, Drogen, psychische Krankheiten und dann geht es manchmal schnell.
"Häufig bei Depressionen, wenn die Post nicht geöffnet wird, die Wohnklage kommt und auch die Empfehlung 'Wenden Sie sich an entsprechende Stellen' wie die "Zentrale Fachstelle Wohnen" hier in Bremen", erzählt Anna Künzel.
Auch die Post bleibt oft ungeöffnet und dementsprechend passt halt dann irgendwann der Schlüssel nicht mehr und die Wohnung ist weg.
Anna Künzel, Koordinatorin des "frauenzimmers" Bremen
"Manchmal können die Frauen noch bei Bekannten, Freunden, Familie irgendwie unterkommen für eine gewisse Zeit. Manchmal ist es so schambesetzt, dass sie sich einfach zurückziehen und dann tatsächlich in Hauseingängen schlafen", berichtet die Koordinatorin.
14 Betten für wohnungslose Frauen
Im "frauenzimmer" gibt es nicht nur ein Tagesangebot, sondern auch eine Notunterkunft für wohnungslose Frauen. 14 reguläre Betten stehen zur Verfügung. Der Bedarf steige und auch die psychischen Krankheiten nähmen zu. Was die Betreuung oft nicht leicht mache.
"Psychische Erkrankungen sind ganz häufig eine Begleiterscheinung. Entweder haben die Frauen aufgrund von psychischen Erkrankungen die Wohnung verloren oder eben sie im Zuge der Obdachlosigkeit dann erworben", berichtet Künzel.
Das "frauenzimmer" richtet Postadressen für Frauen ein, die keine Melde-Adressen haben. Mit 20 hat es angefangen, jetzt kommt Post für 150 Frauen. Das "frauenzimmer" bietet den Frauen freien Internetzugang, Duschen und auch eine Ärztin behandelt einmal in der Woche kostenlos.
Ohne Ehrenamtliche wäre das Beratungs- und Hilfsangebot nicht möglich
Finanziert wird das Projekt durch Spenden. Insgesamt arbeiten 45 bis 50 soziale engagierte Frauen freiwillig gemeinsam zur Hilfe der Wohnungslosen. Franziska Brown etwa wäscht und trocknet unter anderem die Kleidung von Obdachlosen. Seit sie sich hier engagiert, hat sich ihr Blick verändert. "Man glaubt gar nicht, was die einzelnen Frauen für einen Hintergrund haben. Die haben alle ihre Geschichte und ihre Schwierigkeiten und sind dadurch vielleicht auch ein bisschen offener als andere Menschen und zugänglicher. Wenn man nett auf die zugeht, kriegt man was Nettes zurück", sagt sie.
Nicht alle Gäste sind wohnungslos. Die 87-jährige Gerlinde hat eine kleine Wohnung und eine kleine Rente. "Man kann Kaffee trinken, man kann – wenn man Probleme hat – sprechen, man wird hier immer freundlich empfangen. Also mir gefällt es hier", erzählt sie.
Auch eine Kleiderkammer, in der sich die Hilfsbedürftigten etwas zum Anziehen aussuchen können, steht im "frauenzimmer" zur Verfügung. Früher hat sich Tatjana, die in einer Notunterkünfte der Inneren Misson wohnt, für ihre Arbeit schick gemacht oder die Familie. Doch das alles gibt es aktuell nicht mehr für sie. "Und dann muss man sich zusammenreißen, dann macht man das für sich. Und das ist eine Umstellung. Sich für sich schön zu machen oder eben das Angebot zu nutzen. Und dann denkt man, es geht wieder aufwärts."
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. August 2024, 19:30 Uhr