Wie lange läuten die Glocken der Großen Kirche in Bremerhaven noch?
Im Turm der Große Kirchen in Bremerhaven sind dringend Sanierungen nötig – sonst drohen die Glocken zu verstummen. Doch Geld fehlt. Nun hofft die Kirche auf Spenden.
Was gehört zu einer anständigen Kirche? Unbedingt natürlich: Ein Kirchturm, am besten mit Uhr. Unverzichtbar aber auch: Die Glocken. Mit ihrem Geläut sind sie sozusagen die Stimme der Kirche. In Bremerhaven gehören die vier Glocken der Großen Kirche in der Fußgängerzone für viele Menschen zum Soundtrack ihres Alltags. Alle Viertelstunde zeigen sie an, was die Stunde geschlagen hat. Nun ist allerdings ihre Aufhängung marode. Die Erneuerung kostet mehr, als die Gemeinde sich leisten kann.
Nach 110 Stufen erreicht man den Glockenstuhl, der sich wiederum in der Glockenstube befindet. Darin: die vier Glocken. Jede von ihnen über eine Tonne schwer, erklärt Horst Dede vom Kirchenvorstand. Er steht auf der Holzstiege schräg über den Glocken, hinter ihm kann man durch eine der Öffnungen mit den Rundbögen nach unten auf die Fußgängerzone gucken. Nicht übertrieben, hier von luftiger Höhe zu sprechen.
Vier Tonnen in 40 Metern Höhe über Bremerhaven
Der Kirchturm ist 86 Meter hoch, die Glocken hängen etwa auf halber Höhe. Nicht auszudenken, wenn eine von ihnen hinunterfiele. Droht das denn? Auf den ersten Blick sieht das Gerüst stabil aus. Bei genauerem Hinsehen stellt es sich jedoch anders dar.
Ich bin auch kein Metallfachmann, aber die Fachleute haben gesagt, das hält nicht mehr allzu lange. Man muss sich vorstellen: Das ist ein Gewicht von über vier Tonnen, die in Bewegung geraten. Das sind massive Kräfte, die hier wirken.
Horst Dede, Kirchenvorstand
Auch die Holzbalken des Glockenstuhls sind innen teils marode, das haben Röntgenaufnahmen gezeigt. Vielleicht kein Wunder, schließlich stammt er aus dem Jahr 1969. Damals bekam die Große Kirche endlich wieder Glocken. Ihre ursprünglichen hatte sie im Jahr 1942 abgeben müssen, zur Verwendung in der Kriegswirtschaft.
Fachleute rätseln über Vorgehen
Außerdem war die Kirche beim Bombenangriff auf Bremerhaven im September 1944 weitgehend zerstört worden – bis auf den Glockenturm, der einsam aus der Trümmerwüste aufragte, die zuvor die Innenstadt gewesen war. Erst Ende der 1950er Jahre konnte die Kirche wiederaufgebaut werden, 1960 wurde sie wiedereröffnet. Noch einmal Jahre später kamen die Glocken. Wenn der Glockenstuhl nicht saniert werden kann, droht: Stille. Noch ist auch den Fachleuten gar nicht klar, wie das Vorhaben überhaupt gelingen kann.
Ob man die Glocken aus der Glockenstube rausnimmt, nach außen, weil man da parallel irgendetwas baut, wo man sie dann lagern kann, um dann hier frei wirken zu können. Oder, ob man peu à peu eine Glocke in die Ecke stellt, dann erst einen Teil des Stuhls baut, dann wieder einhängt – sehr, sehr schwierig.
Horst Dede, Kirchenvorstand
Worst Case: Stumme Glocken zum Stadtjubiläum
Höhe und Enge machen die Sanierung teuer. Insgesamt dürfte sie mindestens 200.000 Euro kosten – wenn nicht mehr. Geld von der Landeskirche oder vom Denkmalschutz sei nicht zu erwarten, sagt Horst Dede. Und die Gemeinde könne höchstens 50.000 Euro aufwenden.
Zum Glück habe man schon einige Sponsoren gewinnen können. Derzeit läuft zudem eine große Spendenaktion an. Fatal, wenn die Glocken zum Stadtjubiläum 2027 schweigen würden, findet Horst Dede. Ihr Läuten sei wichtig für die Stadt.
Die Große Kirche ist ein Begriff für alle. Deswegen glaube ich auch, dass eine große Spendenbereitschaft da sein wird. Um eben die Glocken auch 2027 zum Jubiläum läuten zu lassen.
Horst Dede, Kirchenvorstand
Am 30. November startet die Spendensammelaktion offiziell mit einem Konzert in der Großen Kirche. In der Vorweihnachtszeit sollen auch kleine Porzellanglocken verkauft werden. Ihr Erlös soll den großen – echten – Glocken der Großen Kirche zugute kommen, beziehungsweise ihrem Glockenstuhl.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 12. November 2024, 15:40 Uhr