Marokkanische Community in Bremen kämpft für ein besseres Image

Imagekampf und kulturelle Vielfalt: Was Marokkaner in Bremen beschäftigt

Bild: Radio Bremen

Hauptsächlich negative Schlagzeilen prägen das Bild der Marokkanischen Community in Bremen. Das wollen die Mitglieder ändern – und haben große Pläne.

Es ist Freitagabend, im SOS-Kinderdorf in der Neustadt stehen Kaffee und Tee bereit und die Tische werden zu einer langen Tafel zusammengeschoben. An diesem Abend treffen sich hier zum zweiten Mal Marokkanerinnen und Marokkaner aus Bremen. Bis zu 30 Leute kommen bei diesen Treffen zusammen. Sie wollen sich untereinander besser vernetzen, den Ruf verbessern und Menschen in der Community auffangen.

"Jeder kocht sein Süppchen, jeder macht irgendetwas, aber wir haben keine Gemeinschaft, wir präsentieren uns nach draußen nicht", erklärt einer der Teilnehmer die Herausforderung. Diese fehlende Gemeinschaft werde oft von außen missverstanden und führe zu Pauschalisierungen.

In Bremen leben laut Statistischen Landesamt offiziell 805 Marokkanerinnen und Marokkaner. Doch trotz ihrer relativ kleinen Anzahl sehen viele von ihnen die Notwendigkeit, ihr Image aktiv zu verbessern. Denn vor allem negative Schlagzeilen über die sogenannten "jungen Räuber“, das sind Nordafrikaner, auch Marokkaner, die in Bremen in der letzten Zeit durch ihre Straftaten auffällig geworden sind, haben ihr Bild in der Öffentlichkeit zunehmend geprägt und verändert.

Prävention statt Abschiebung: Junge Straftäter auffangen

Hassan Ait Salah sitzt am Tisch
Hassan Ait Salah wohnt seit fünf Jahren in Bremen und sorgt sich wegen der vielen Straftaten. Bild: Radio Bremen

Mit am Tisch sitzt auch Hassan Ait Salah. Er wohnt seit fünf Jahren in Bremen und mag die Stadt eigentlich gerne – wie sie sich in der letzten Zeit entwickelt hat jedoch nicht. Die vielen Straftaten machen ihm zu schaffen und er meidet Orte wie den Hauptbahnhof und den Hillmannplatz, vor allem in den Abendstunden.

Hassan Ait Salah ist Betreuungshelfer bei der Inneren Mission und kennt viele der jungen Straftäter persönlich. Für ihn ist klar, dass diese Jugendlichen oft Opfer von Einsamkeit und Perspektivlosigkeit sind. "Die meisten von diesen Jungs sind ohne Familie aufgewachsen, ihre Familie ist die Straße", erklärt er. Anstatt jedoch nur harte Strafen zu fordern, plädiert er für Prävention und alternative Lösungen. Ein Beispiel dafür wäre, den Jugendlichen sinnvolle Aufgaben zu geben, wie beispielsweise am Bahnhof zu arbeiten und dafür ein kleines Einkommen zu erhalten. Erst wenn diese Versuche scheitern, hält er konsequente Abschiebungen für gerechtfertigt.

Ein "Marokko-Haus" als Brücke zur Integration

Mit verschiedenen Kampagnen und Strategien setzt sich die marokkanische Gemeinschaft aktiv dafür ein, die marokkanische Kultur sichtbarer zu machen und gleichzeitig Jugendlichen in schwierigen Situationen eine Perspektive zu bieten. Ein zentraler Bestandteil dieser Bemühungen ist die Idee eines Marokko-Hauses, das als kultureller Treffpunkt und Anlaufstelle dienen soll.

Ziele und Vorhaben werden auf einem Whiteboard geschrieben.
Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit, Unterstützung bei der Integration – diese Punkte will die marokkanische Community angehen. Bild: Radio Bremen

Es soll ein Ort werden, der nicht nur die marokkanische Kultur in all ihren Facetten präsentiert, sondern auch als Anlaufstelle für Marokkaner, die neu nach Bremen kommen, dient. Die Initiatoren gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren mehr Menschen aus Marokko in die Stadt ziehen werden. Ziel ist es, diese Menschen direkt in die Gemeinschaft zu integrieren, um sie von kriminellen Wegen abzuhalten. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Unterstützung von Jugendlichen, die Gefahr laufen, auf die schiefe Bahn zu geraten. Doch auch Sprachkurse oder Frauentreffen soll es hier geben.

Bis es dazu kommt, wird es aber wahrscheinlich noch dauern. Schneller wollen die Menschen, die bei dem Treffen an diesem Abend dabei sind, eine Strategie für eine Marokkanische Kultur- und Sportwoche entwickeln. "Wir möchten gerne die marokkanische Vielfalt in Bremen präsentieren", erklärt einer der Organisatoren. Bereits nächstes Jahr soll diese stattfinden.

Erfolg durch Vernetzung und Prävention: Vorbilder aus anderen Städten

Die Idee, durch Gemeinschaftsprojekte und kulturelle Zentren das Image einer migrantischen Gruppe zu verbessern, ist nicht neu. In vielen deutschen Städten gibt es bereits ähnliche Initiativen. In Berlin beispielsweise hat das "Arabische Haus" bereits seit Jahren einen festen Platz im kulturellen Leben der Stadt und hilft dabei, das Verständnis zwischen der arabischen Community und der Mehrheitsgesellschaft zu fördern.
In Bonn gibt es die "Iranische Gemeinschaft Bonn", dieses Zentrum richtet sich primär an die iranische Gemeinschaft und fördert den kulturellen Austausch und die Integration von Iranerinnen und Iranern in Deutschland.

Ein solches Engagement wird von Fachleuten in der Prävention als äußerst wertvoll angesehen, da es eine langfristige soziale Integration fördert und mögliche Radikalisierungstendenzen eindämmen kann. Sie bieten nicht nur einen Raum für kulturellen Austausch, sondern schaffen auch Möglichkeiten, junge Menschen frühzeitig aufzufangen und ihnen Alternativen zu einem kriminellen Lebensweg zu bieten.

Die marokkanische Zukunft in Bremen: Ein Konzept mit Potenzial

Bei dem Treffen am Freitagabend haben die Teilnehmenden ihre Ziele und Vorhaben definiert. Auf ihrer Liste standen am Ende unter anderem: "Vernetzung", "Öffentlichkeitsarbeit" und "Hilfeleistung bei der Integration". Nun wollen sie diese in kleinen Arbeitsgruppen weiter entwickeln und in einem halben Jahr einen konkreten Plan erarbeitet haben.

Autorin

  • Finja Böhling
    Finja Böhling Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 26. September 2024, 19:30 Uhr