Hintergrund

Bund plant Messerverbot – das kann Bremen darüber hinaus tun

Ein Messer wird in der Hand gehalten.
Das Waffenverbot am Bremer Hauptbahnhof wird von der Bremer Polizei und der Bundespolizei kontrolliert. Bild: Radio Bremen

Die Bundesregierung reagiert mit Plänen für ein schärferes Waffenrecht auf den Solinger Messerangriff. Doch welchen Einfluss hat Bremen selbst auf Waffenverbote? Ein Überblick.

Die Messerattacke in Solingen hat nicht nur Bürgerinnen und Bürger erschüttert. Die Bundesregierung hat nun eilig ein "Sicherheitspaket" geschnürt. Darin will sie unter anderem Messerverbote deutlich ausweiten.

Warum das für Bremen wichtig ist und welche Möglichkeiten das kleinste Bundesland hat, auf das Waffenrecht und dessen Einhaltung Einfluss zu nehmen, erklären wir hier.

1 Waffengesetz: Sache der Bundesregierung

In Deutschland fällt das Waffenrecht grundsätzlich in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die wesentlichen Regelungen zum Waffenrecht hat der Bund im Waffengesetz festgelegt. Dort wird beispielsweise deutschlandweit einheitlich geregelt, dass Unbefugte "Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 Zentimeter" nicht mitführen dürfen.

Änderungen und Verschärfungen an diesem Gesetz kann nur die Bundesregierung vornehmen, nicht Landesregierungen wie der Bremer Senat. Bremens Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Linken hat allerdings im April beschlossen, sich für ein generelles Verbot, Messer in der Öffentlichkeit zu tragen, im Bundesrat stark zu machen.

  • Bremer Regierungskoalition fordert bundesweites Messerverbot

    Ein generelles Messerverbot – überall. Dafür soll sich der Senat jetzt auf Bundesebene stark machen, fordert die Bürgerschaft.

Im 14. Juni hat Bremen einem entsprechenden Entschließungsantrag "Messerkriminalität wirksam bekämpfen und Novelle des Waffenrechts zügig voranbringen" im Bundesrat zugestimmt. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert,

  • den Umgang mit Springmessern generell zu verbieten,.
  • das mitgeführte Messer nur noch bis zu sechs Zentimeter Klingenlänge haben sollten,.
  • dass das Tragen von Waffen im Sinne des Waffengesetzes in Zügen, Bussen und Bahnen verboten wird und.
  • dass der Umgang mit Kampfmessern und Dolchen verboten wird..

Das generelle Verbot von Springmessern und das Messerverbot im öffentlichen Nah- und Fernverkehr ist nun im neuen "Sicherheitspaket" der Bundesregierung aufgegriffen worden – verabschiedet sind diese Pläne allerdings noch nicht.

2 Verkaufsverbote: Viele Messertypen schon jetzt tabu

Wand mit in Deutschland verbotenen Messern
Butterfly, Faustmesser und Co.: Diese von der Polizei konfiszierten Messer sind in Deutschland verboten. Bild: Imago | Jochen Tack

Verkaufsverbote für bestimmte Waffen können ebenfalls nicht von den Bundesländern erlassen werden. Denn auch hier ist das bundesweit gültige Waffengesetz die Grundlage. Es existieren bundesweite Verkaufsverbote für Waffen, darunter für Messertypen wie

  • Springmesser, deren Klinge auf Knopf- oder Hebeldruck hervorschnellt,.
  • Fallmesser, deren Klinge durch eine Schleuderbewegung aus dem Griff hervorschnellt,.
  • Faustmesser, deren Klinge quer zum Griff steht und die ähnlich wie ein klassischer Korkenzieher in der geschlossenen Faust gehalten werden sowie.
  • Faltmesser oder Butterflymesser mit zweigesteilten, schwenkbaren Griffen..

Ausnahmen gelten nur für bestimmte Anlässe wie beispielsweise Fernsehaufnahmen und für Berufsgruppen wie Jäger, die zum Beispiel Faustmesser tragen dürfen. Allen anderen Menschen ist der Besitz und das Führen dieser als Waffen definierten Messer verboten. Große Sushi- oder Küchenmesser hingegen dürfen zwar erworben und zum Hausgebrauch genutzt, nicht aber in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.

3 Verordnungen: Bremen kann Spielräume nutzen

Ein Schild im Bremer Steintor-Viertel welches die Waffenverbotszone anzeigt
An Brennpunkten wie dem Hauptbahnhof oder im Viertel nutzt Bremen Spielräume, um strengere Waffenverbote durchzusetzen. Bild: Imago | Stefan Schmidbauer

Bundesländer wie Bremen haben jedoch gewisse Spielräume bei der Durchführung und Ausführung von Bundesgesetzen wie dem Waffengesetz. Denn sie sind für die Verwaltung und die örtliche Polizeiarbeit zuständig. Um beispielsweise ein Messerverbot durchzusetzen, kann Bremen etwa Verordnungen erlassen, die sich auf die Umsetzung des Waffengesetzes beziehen.

So heißt es im Gesetz: "Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzusehen, dass das Führen von Waffen […] oder von Messern mit feststehender oder feststellbarer Klinge mit einer Klingenlänge über vier Zentimeter an […] Orten verboten oder beschränkt werden kann, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Verbot oder die Beschränkung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist."

Bremen hat auf dieser Grundlage beispielsweise Waffenverbotszonen am Bremer Hauptbahnhof und der Discomeile eingeführt sowie seit Juli auch im Bremer Viertel. Geplant ist darüber hinaus eine Waffenverbotszone am Bürgermeister-Koschnick-Platz in Bremen-Gröpelingen.

4 Kontrollen: Landes- und Bundespolizei im Einsatz

Ob sich Bürgerinnen und Bürger an Waffenverbote halten, darüber wacht nicht nur die Bremer Landespolizei. "Diese Kontrollen werden behördenübergreifend, unter anderem in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, durchgeführt", sagt Polizeisprecher Nils Matthiesen.

Wie oft dies geschieht, darüber macht die Polizei keine konkreten Angaben. Die Häufigkeit richte sich nach verschiedenen Erfordernissen und werde entsprechend angepasst, sagt Matthiesen. "Zuletzt wurden am vergangenen Wochenende solche Kontrollen durchgeführt." Auch im Viertel fänden seit Juli regelmäßig Kontrollen statt – dort allerdings ohne Beteiligung der Bundespolizei.

5 Dokumentation: Nur wenige Statistiken vorhanden

Inwieweit sich verschiedene Maßnahmen wie Waffenverbotszonen auf den unerlaubten Waffenbesitz oder die Messerkriminalität in Bremen auswirken, lässt sich bislang kaum durch Zahlen belegen. Denn Vergehen wie das Überschreiten eines Waffenverbots werden von der Polizei nach Kontrollen nicht weiter statistisch erfasst.

In unseren Vorgangsbearbeitungssystemen gibt es dafür derzeit noch keinen festen Merker.

Polizei-Sprecher Nils Matthiesen im Interview.
Nils Matthiesen, Sprecher der Polizei Bremen

Seit 2020 wird für die Polizeiliche Kriminalstatistik zumindest die Anzahl der Messerattacken im Land erfasst. 2023 waren es in der Stadt Bremen 315, das waren 37 Fälle mehr als im Jahr zuvor. In Bremerhaven waren es im vergangenen Jahr 76 Messerangriffe, 13 mehr als noch 2022. Für 2024 gibt die Polizei keinen Zwischenstand heraus.

Was bedeutet der Anschlag von Solingen für Bremer Volksfeste?

Bild: Radio Bremen

Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 21. August 2024, 19:30 Uhr