Richtig Zähne putzen: Welche Regeln gelten – und welche Quatsch sind
Löcher, Beläge, Karies: Immer mehr Kinder im Land Bremen haben schlechte Zähne. Eine gute Zahnpflege könnte helfen. Doch was beim Zähneputzen ist falsch, was richtig?
Jedes zweite Kind, das im Land Bremen eingeschult wird, hat so schlechte Zähne, dass es deswegen behandelt werden muss. Das ergibt sich aus den Zahlen der Schulzahnärztlichen Dienste Bremens und Bremerhavens.
Vermutlich stünde es um viele Kinderzähne besser, würden sie richtig geputzt. Wie aber putzt man Zähne richtig, welche verbreiteten Ansichten zum Zähneputzen dagegen sind falsch? Die Arzthelferin Sabine Drettmann arbeitet seit 30 Jahren für die Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege im Lande Bremen (LAJB). Sie räumt mit Mythen rund ums Zähneputzen auf:
1 "Zweimal täglich Zähneputzen reicht"
Nein, sagt Drettmann. Idealerweise putze man sich die Zähne nach jeder Mahlzeit. "Das ist aber für viele Menschen nicht praktikabel", fügt sie hinzu. Daher bringe die LAJB Kindern bei, dass sie sich zumindest dreimal täglich die Zähne putzen sollten: morgens, mittags und abends, jeweils nach den Mahlzeiten.
Als Grund dafür nennt Drettmann die Kohlenhydrate, die wir mit den Mahlzeiten zu uns nehmen – und die sich zu Säuren wandelten. "Die Säuren dürfen nicht dauerhaft auf unseren Zähnen sein. Denn sie greifen die Zähne an." Und das umso stärker, je länger sie auf die Zähne einwirken können. Daher sei es besonders wichtig, sich abends die Zähne zu putzen, bevor wir uns für viele Stunden ins Bett legen und schlafen.
2 "Milchzähne behält man nicht lang. Die muss man daher auch nicht so gut putzen"
Falsch, sagt Drettmann. Milchzähne bräuchten besonders viel Pflege. "Der Zahnschmelz ist noch nicht so gehärtet wie bei Erwachsenen", sagt sie. Daher bilde sich Karies auf Milchzähnen besonders schnell. Zudem müsse man im Auge behalten, dass auch Milchzähne Wurzeln haben und Schmerzen verursachen können. "Man merkt das bei Kindern oft daran, dass sie nicht mehr so gut essen wollen", berichtet Drettmann.
Um sicher zu stellen, dass die Milchzähne ihrer Kinder gut gepflegt sind, müssten Eltern die Zähne der Jungen und Mädchen regelmäßig nachputzen. Und zwar so lange, bis die Kinder etwa neun Jahre alt seien. "Das betrifft insbesondere die Backenzähne mit ihren Rillen", so Drettmann. Viele Kinder seien motorisch gar nicht in der Lage, ihre Backenzähne allein ausreichend gut zu putzen. Allerdings dürfe man es als Mutter oder Vater auch nicht übertreiben, da sie den Kindern andernfalls das Gefühl geben könnten, dass sie schlecht putzen würden, was demotivierend wirken könne. Drettmann empfiehlt Eltern daher, lediglich abends die Zähne der Kinder nachzuputzen.
3 "Am besten putzt man sich schon vor dem Frühstück die Zähne"
Es spricht nichts dagegen, sich vor dem Frühstück die Zähne putzen, wenn man beispielsweise einen pelzigen Geschmack auf der Zunge spürt oder fürchtet, aus dem Mund zu riechen. Das Zähneputzen nach dem Frühstück sollte man deswegen aber nicht von der To-do-Liste streichen, sagt Drettmann. Schließlich gelte es, die Kohlenhydrate zu beseitigen, die wir mit den Mahlzeiten zu uns nehmen.
4 "Zahnseide braucht man nur in Ausnahmefällen"
Von wegen. "Zahnseide begleitet das Zähneputzen", sagt Drettmann. Mit anderen Worten: Man sollte Zahnseide möglichst bei jedem Zähneputzen einsetzen. Das gelte insbesondere dann, wenn man eng anliegende Zähne habe. Denn hier lassen sich die Zwischenräume nur mit Zahnseide erreichen. "Bei weiter auseinander liegenden Zähnen kann man eine Zahnzwischenraumbürste verwenden", erklärt Drettmann.
Doch zurück zur Zahnseide. Ihr Einsatz will gelernt sein. "Bei besonders eng anliegenden Zähnen empfiehlt sich dünne Zahnseide", sagt Drettmann. Andernfalls komme man kaum durch. Generell solle man die Zahnseide vorsichtig und mit Geduld, nicht mit Gewalt einsetzen, da man sich sonst am Zahnfleisch verletzen könne.
5 "Kleinkinder müssen nicht zum Zahnarzt, weil sie kaum Zähne haben"
So lange ein Kind tatsächlich keinen Zahn hat, muss es auch nicht zum Zahnarzt, bestätigt Drettmann. Sobald aber der erste Zahn zu sehen sei, sollten Kinder mindestens zweimal jährlich den Zahnarzt oder die Zahnärztin besuchen.
Damit sich die Kleinen an die Behandlungssituation gewöhnen können, sei es durchaus sinnvoll, wenn Eltern sie zu den eigenen Zahnarztterminen mitnähmen. Allerdings nur zu Vorsorge-Untersuchungen, nicht zu schweren Behandlungen. Denn dadurch könnten die Kinder Angst vor dem Zahnarzt bekommen.
6 "Elektrische Zahnbürsten sind besser als einfache"
Das kann man so pauschal nicht sagen, sagt Drettmann: "Wer sich die Zähne manuell gründlich putzt und sich dabei Zeit lässt, putzt nicht unbedingt schlechter als mit einer elektrischen Zahnbürste." Entscheidend sei, dass man jeden einzelnen Zahn von allen Seiten gut erreiche.
Für Kinder sei es zudem wichtig, das Zähneputzen zunächst mit einer normalen Handzahnbürste zu lernen. Denn damit könnten sie ihre Motorik besser trainieren. Auch gebe es, je nach Altersklasse, unterschiedlich große und unterschiedlich geformte Handzahnbürsten: solche mit kleinem und dickem Griff sowie kleinem Kopf und weichen Borsten für die kleinen Kinder und solche mit etwas dünnerem, längeren Griff für größere Kinder. Elektrische Zahnbürsten dagegen seien für alle Kinder in aller Regel zu schwer und zu groß. Auch sei es gar nicht so einfach, die Technik richtig einzusetzen, um etwa auch die Bissflächen der hinteren Backzähne zu erreichen.
Drettmann räumt aber auch ein, dass elektrischen Zahnbürste in Einzelfällen vorteilhaft für Kinder sein könnten: "Wenn sie eine Motivationshilfe zum Zähneputzen brauchen, kann eine elektrische Zahnbürste hilfreich sein."
7 "Wenn man zwischendurch Karotten kaut, muss man sich nicht so oft die Zähne putzen"
Das stimmt nicht, sagt Drettmann: "Man kann durch das Kauen einer Karotte das Zähneputzen nicht ersetzen." Allerdings seien rohe Karotten hart und regten den Speichelfluss an. Dadurch würden die Zähne beim Kauen einer Karotte tatsächlich ein bisschen gereinigt. Aber eben nur ein bisschen. Gleiches gelte für Kaugummis ohne Zucker.
8 "Beim Zähneputzen sollte man nur wenig Kraft einsetzen"
Das ist richtig, sagt Drettmann. Tatsächlich aber neigten gerade viele Erwachsene dazu, viel Druck beim Zähneputzen auf ihre Zähne auszuüben. Doch damit könne man sich den Zahnschmelz und die empfindlichen Zahnhälse kaputtmachen: "Gerade dann, wenn man Zahnbürsten mit harten Borsten verwendet", so die Expertin. Sie empfiehlt den Einsatz von Bürsten mit mittelharten Borsten bei wenig Druck.
Auch sollten die Borsten aus Kunststoff sein. Denn in Naturborsten könnten sich leichter Bakterien ansiedeln. Drettmann empfiehlt, die Bürsten beziehungsweise die Bürstenköpfe mindestens viermal im Jahr zu wechseln, wenn sie zerkaut aussehen, noch öfter.
Wichtig für das Zähneputzen sei zudem, dass die Zahnpasta keine Partikel enthält, wie beispielsweise die eine oder andere Pasta für besonders weiße Zähne. "Die Partikel wirken wie Schmirgelpapier", erklärt Drettmann. Die Zähne würden auf diese Weise verschlissen.
9 "Man putzt sich die Zähne grundsätzlich kreisförmig"
Das ist bedingt richtig, sagt Drettmann. "Kindern empfehlen wir der Einfachheit halber das kreisförmige Putzen. Erwachsene sollten die Zähne von Rot nach Weiß putzen, also vom Zahnfleisch zu den Zähnen."
Kita-Kindern bringe die LAJB zudem das Zähneputzen nach dem "Kai-Muster" bei: "Erst die Kauflächen, dann die Außenflächen und zuletzt die Innenflächen", erklärt Drettmann, was es mit Kai auf sich habe. Der Hintergrund der Reihenfolge: Die Kauflächen zu putzen, sei am wichtigsten, weil sich hier, in den Rillen, am meisten Schmutz ablagern kann.
Erstmals veröffentlicht am 18. August 2024
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 9. Oktober 2024, 19:30 Uhr