Wer macht künftig was? Wie Rot-Grün-Rot den Senat umgestalten könnte
Rot-Grün-Rot baut gerade den Senat für die neue Legislatur um. Aufgaben werden neu verteilt, Posten neu vergeben. Die SPD gibt den Ton an. Darauf könnte es hinauslaufen.
Eins ist wohl klar: Rot-Grün-Rot in Bremen bleibt. Und doch: Der Senat wird anders aussehen. Nicht nur, weil es ganz sicher einige neue Senatorinnen und Senatoren geben wird, sondern auch, weil die Ressorts, also die politischen Themen, für die sie zuständig sind, neu zusammengestellt werden müssen. Ein Beispiel: Die SPD will dem Vernehmen nach das Riesen-Ressort der ausscheidenden Grünen-Senatorin Maike Schaefer aufteilen und den Grünen Bau, Stadtentwicklung und Verkehr wegnehmen. Wird das ein eigenes Ressort – oder kriegt das jemand dazu?
Diese Entscheidungen zu treffen, ist gar nicht so einfach. Das hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem:
- Die Machtverhältnisse: Wer hat wie viele Stimmen bei der Bürgerschaftswahl erhalten? Die Grünen zum Beispiel haben verloren und können nicht so viel fordern. .
- Was passt thematisch zusammen und würde gebündelt in einem Ressort Sinn ergeben?.
- Was steht bereits fest? Zum Beispiel, dass mindestens ein Ressort an einen Politiker aus Bremerhaven geht. .
- Wer hat in den beteiligten Parteien Ansprüche, die zufriedengestellt werden müssten? .
- Wie groß kann ein Ressort werden, wie groß muss es mindestens sein? Also, verlieren die Grünen tatsächlich Bau, Stadtentwicklung und Verkehr – würde der Rest, Klima und Umwelt, ein ganzes Ressort füllen?.
Vor diesem Hintergrund zeigen wir anhand einiger beispielhafter möglicher Szenarien, wie komplex die Ressortverteilung sein kann:
Neun oder zehn Senatoren?
Es wird darüber spekuliert, dass Rot-Grün-Rot die Zuständigkeiten künftig auf zehn statt neun Senatorinnen und Senatoren verteilen könnte. Wenn zum Beispiel das Ressort der Grünen, wie oben beschrieben, aufgeteilt wird.
Bei der vergangenen Bürgerschaftswahl, 2019, wurde der Senat bereits von acht auf neun Mitglieder aufgestockt. Dazu musste das "Gesetz über die Mitgliederzahl des Senats" entsprechend geändert werden. Das müsste das Bündnis aus SPD, Grünen und Linken nun wieder tun, um Platz für einen weiteren Posten zu schaffen. Der wäre darüber hinaus sehr kostenintensiv. Das ist wohl kein Ding der Unmöglichkeit, doch es würde einer wirklich guten Begründung bedürfen, will der neue Senat nicht gleich zu Beginn dem Vorwurf der Geldverschwendung aussetzen.
Grundsätzlich sollte das Kräfteverhältnis im Senat dem Wahlergebnis entsprechen. Und wie das alte, so ließe sich auch das neue Wahlergebnis in einem neunköpfigen Senat und für drei Parteien angemessen abbilden:
- SPD (29,8 Prozent): fünf statt vier Senatorinnen und Senatoren.
- Grüne (11,9 Prozent): nunmehr nur noch zwei statt drei .
- Linkspartei (10,9 Prozent) wie zuletzt zwei.
Was wird aus Klimaschutz, Umwelt, Bau, Mobilität und Stadtentwicklung?
Als sicher gilt, dass die Grünen die Fach-Ressorts Bau, Stadtentwicklung und Verkehr (Mobilität) aus dem "Riesen-Ressort" abgeben müssen. Die Grünen werden aber wohl ihre identitätsstiftenden Kernthemen Klimaschutz und Umwelt weiterhin federführend abdecken wollen. Doch füllt das ein ganzes Ressort und einen Senator, eine Senatorin aus? Was könnte dazu kommen?
Wissenschaft zum Beispiel. Denn derzeit ist der Bereich Wissenschaft wenig passend an das Häfenressort angegliedert, davor war er Teil des Bildungsressorts.
Aber geht Wissenschaft wirklich zu Klima, bleiben nur noch Häfen und Justiz übrig als Ressort für einen Politiker aus Bremerhaven – das müsste dann weiterverteilt werden oder etwas hinzubekommen. Es könnte also einen größeren Umbau geben.
Wer übernimmt Bau, Stadtentwicklung und Verkehr?
Da die SPD von den Grünen in Sondierungsgesprächen offenbar verlangt hat, Bau, Stadtentwicklung und Verkehr abzugeben, liegt es nahe, dass die Sozialdemokraten diese Themen selbst übernehmen wollen. Das heißt: Wie oben beschrieben, könnte ein neues, verkleinertes Ressort entstehen, das sich das Dauertthema "Innenstadtentwicklung" und das, was damit zusammenhängt, eigens zur Aufgabe macht. Angeblich soll das Falk Wagner übernehmen, Sprecher für Stadtentwicklung und Bau der SPD-Fraktion.
Andere Szenarien:
- Häfensenatorin Claudia Schilling übernimmt das neue Ressort, weil Martin Günthner zurück ins Häfenressort drängen könnte, das er vor Schilling bereits besetzte. Doch zwei Bremerhavener im Senat wären ungewöhnlich. .
- Die Themen Bau, Stadtentwicklung und Verkehr kommen zu einem anderen Ressort dazu – oder anders formuliert: werden mit anderen Bereichen aufgestockt, beispielsweise mit Häfen und Justiz. .
Doch auch hier: Es könnte anders kommen.
Wie geht es mit dem Sozialressort weiter?
Angeblich will die SPD auch das derzeit noch von Anja Stahmann (Grüne) geführte Sozialressort übernehmen. Sie scheidet aus. Kann Soziales, Integration und Sport so bleiben, wie es jetzt ist? Oder muss bei all den anderen Überlegungen dieses Ressort mit weiteren Themenfelder verknüpft werden? Zum Beispiel:
- Bau – weil das eng verbunden ist mit einem großen Bremer Thema: Fehlende (Sozial)-Wohnungen. .
- Soziales geht an Kinder und Bildung, was ein großes Ressort ergeben würde.
Hier gibt es noch weitere Möglichkeiten, Soziales und Arbeit miteinander zu verbinden zum Beispiel. Das und andere Szenarien hätten aber wohl wiederum Verschiebungen zufolge.
Was bleibt (fast), wie es ist?
Als sicher gilt,
- dass Andreas Bovenschulte (SPD) sowohl Präsident des Senats als auch Kultursenator bleibt.
- das Bildungsressort bleibt bei der SPD mit Senatorin Sascha Aulepp.
- das Innenressort wird weiter von der SPD geführt mit Ulrich Mäurer .
Wahrscheinlich ist:
- Wirtschaft, Arbeit und Europa bleibt in der Hand der Linken mit Kristina Vogt.
- Gesundheit und Verbraucherschutz bleiben bei der Linkspartei und werden von Claudia Bernhard geführt.
- Finanzen bleibt bei den Grünen. Als Favorit für die Nachfolge des scheidenden Senators Dietmar Strehl gilt der derzeitige Fraktionsvorsitzende der Bremer Grünen, Björn Fecker. Dem Vernehmen nach ist auch Finanzstaatsrat Martin Hagen im Gespräch. .
Wie es wirklich aussieht, werden wir erst im Laufe der kommenden Wochen erfahren. Bis Ende Juni soll der Koalitionsvertrag der neuen rot-grün-roten Bremer Landesregierung stehen. Doch sicher ist wohl schon jetzt, dass mit SPD, Grünen und Linken zwar die Parteien dieselben bleiben – die Ressort aber anders aussehen werden.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. Mai 2023, 19.30 Uhr