800. Stolperstein erinnert an ermordete jüdische Familie aus Walle
Seit 20 Jahren werden auch in Bremen sogenannte Stolpersteine verlegt. Sie sollen an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erinnern.
Auf dem Gehweg vor dem Haus Arndtstraße 2 erinnert seit heute ein Stolperstein an die jüdische Familie ter Berg. Es ist der 800. Gedenkstein dieser Art im Land Bremen. Die Patenschaft dafür hat Özlem Ünsal, Bremer Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung übernommen.
Elias und Mathilde ter Berg, geborene Rothschild, lernten sich in Bremen kennen, heirateten 1922 und bekamen 1927 die Tochter Jenny. Die Familie lebte in der Calvinstraße 93 in Bremen-Walle, der heutigen Arndstraße. Mathilde ter Berg war in Oldenburg geboren und hatte ab 1927 eine sogenannte Wäschevertretung. Ihr Mann Elias ter Berg kam aus einer Kaufmannsfamilie in Ritterhude, handelte mit Kurz- und Galanteriewaren und war in diesem Gewerbe als Vertreter unterwegs. Er wurde während der Novemberpogrome 1938 verhaftet und wochenlang im Konzentrationslager Sachsenhausen gefangen gehalten.
Im Dezember 1940 war für die ter Bergs die Zeit in ihrem Zuhause an der Calvinstraße jäh vorbei: Sie mussten in das "Judenhaus" an der Nordstraße 210 umziehen. Tochter Jenny, die zeitweilig in Hamburg gelebt hatte, kam im Oktober 1941 als 14-Jährige zu ihren Eltern nach Bremen zurück. Schon kurze Zeit später, am 18. November 1941, wurde die Familie ter Berg in das Ghetto Minsk deportiert. "Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen" haben die Rechercheure des Initiativkreises Stolpersteine Bremen herausgefunden. Die Familiengeschichte rekonstruierten sie vor allem aus Quellen des Staatsarchivs und Einwohnermeldekarteien, erklärt Christa Rödel vom Initiativkreis.
Projekt Stolpersteine bekam Kritik von prominenter Seite
In Bremen sind laut Landeszentrale für politische Bildung mehr als 1.500 Menschen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geworden. Die Zahl der deportierten, verfolgten oder in "Schutzhaft” genommenen Menschen liege deutlich höher.
Kritik an den Stolpersteinen, von denen bundesweit in vielen Städten und auch im europäischen Ausland rund 100.000 verlegt wurden, kam bereits vor Jahren von der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Die Steine, die eingravierten Namen und somit die Opfer würden zwangsläufig wieder mit Füßen getreten, sagte Knobloch. Auf dem Boden seien sie schutzlos wie einst. Der Initiativkreis Stolpersteine Bremen sieht einen besonderen Vorteil an der Verlegung im Boden: Hausbesitzer können die Gedenksteine nicht verhindern, da es sich bei den Gehwegen um öffentliches Gelände handelt.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 23. Oktober 2024, 11 Uhr