4 Tipps für die neue Spielzeit am Theater Bremen
Schauspiel-Klassiker, Neue Musik, Sex and Crime: Das Theater Bremen hat in der kommenden Saison von allem etwas zu bieten. Das Schauspiel und die Oper legen vor.
Das Theater Bremen startet im kommenden September mit hochpolitischen Premieren in die neue Spielzeit. Dem Schauspiel-Klassiker Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing folgt die Oper Doctor Atomic des zeitgenössischen Komponisten John Adams. Insgesamt hat das Theater für die Spielzeit 2023/2024 33 Premieren angesetzt. Wir sagen Ihnen, wieso Sie sich insbesondere diese Produktionen zum Auftakt der Saison nicht entgehen lassen sollten:
1 Schauspiel: Emilia Galotti
Das Theater Bremen hat Lessings aufklärerisches Stück auch deshalb auf den Spielplan gesetzt, weil es derzeit zum Abiturstoff in Bremen zählt, sagte Generalintendant Michael Börgerding bei der Präsentation des neuen Spielplans. In Emilia Galotti geht es vor allem um männliche Besitzansprüche zu Zeiten der Ständegesellschaft.
Obwohl das Stück "Emilia Galotti" heißt, tritt die Betroffene kaum in Erscheinung. Männer entscheiden über ihr Schicksal: Ein Prinz, der sie begehrt, ein Kammerherr, der ihren Bräutigam umbringen lässt und ein Vater, der sie schließlich aus Angst um ihre Tugend erstickt.
Wie Stefan Bläske, leitender Schauspieldramaturg, sagt, hat das Theater Bremen die Inszenierung dieser Tragödie bewusst in die Hände junger Frauen um die Regisseurin Rahel Hofbauer gelegt. Das Regie-Team möchte den Blick des Publikums für die perfiden Strukturen aus Macht, Männlichkeit und Herrschaft schärfen, die Lessing im 18. Jahrhundert so gekonnt entlarvt hat. Die Premiere von Emilia Galotti findet am 14. September im Kleinen Haus am Goetheplatz statt.
2 Musiktheater: Doctor Atomic
Frank Hilbrich, leitender Musiktheater-Regisseur am Theater Bremen, spricht mit Blick auf John Adams Doctor Atomic von einer "fast erschreckenden Aktualität", die diese Oper aus dem Jahr 2005 habe. Der Grund: Das Stück wecke Furcht vor der menschlichen Intelligenz. Sei es heute die von Menschen entwickelte Künstliche Intelligenz, die einem Angst einjagen könne, so sei es am Ende des Zweiten Weltkriegs die Atombombe gewesen.
Doctor Atomic spielt im Jahr 1945. Am 16. Juni 1945 glückt Wissenschaftlern in der Wüste New Mexicos der Versuch, spaltbares Uran zur Explosion zu bringen. Diesem so genannten Trinity-Test, der Explosion der ersten Atombombe, folgen drei Wochen später die Atombomben-Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki. Der Komponist John Adams und Librettist (Autor des Opern-Textes) Peter Sellars stellen in Doctor Atomic die Frage nach der Verantwortung im Fortschritt.
Hausregisseur Frank Hilbrich wird das Stück am Theater Bremen selbst inszenieren und freut sich auch darauf, das Bremer Publikum auf diese Weise mit zeitgenössischer amerikanischer Musik vertraut zu machen. John Adams ist zwar ein international bekannter Komponist. In Deutschland ist sein Werk aber noch keinem breiteren Publikum vertraut. Die Premiere von Doctor Atomic findet am 16. September im Theater am Goetheplatz statt.
3 Junges Theater: Und alles
Das Kinder- und Jugendtheater Moks startet mit einer Inszenierung des kürzlich beim Deutschen Kindertheaterpreis ausgezeichneten Kinder-Krimis "Und alles" in die neue Spielzeit. Wie Moks-Leiterin Rebecca Hohmann sagt, geht es dabei auch um die zunehmende Flut an Nachrichten, die den Menschen, zumal Kindern, Angst machen könne. Nicht aber in diesem Stück, das den Kindern einen konstruktiven Umgang mit dem Thema vor Augen führe.
Die Geschichte: Ehsan liebt das Fernsehen, zumal die Kurznachrichten. Doch all die Beiträge zu Kriegen, Umweltverschmutzung und abgehobenen Präsidenten machen ihm zu schaffen. Ehsan beschließt, zu verschwinden. Seine kleine Schwester Chalipa, Babysitterin Samantha und ein paar Kinder aus der Nachbarschaft versuchen, Ehsan mit guten Nachrichten und liebevollen Gesten zurück zu locken. Sie ahnen nicht, wo er sich die ganze Zeit versteckt…
Inszenieren wird dieses Stück für alle ab 9 der Regisseur Theo Fransz, Freundinnen und Freunden des Moks seit vielen Jahren bestens bekannt. Die Premiere ist für den 23. September im Brauhaus geplant.
4 Tanz: Eine neue Arbeit
In Lola Arias‘ "Eine neue Arbeit" geht es um die persönlichen Lebensgeschichten ehemaliger Sexarbeiterinnen in Bremen. Die argentinische Schriftstellerin, Theater- und Filmregisseurin entführt das Bremer Publikum in eine Welt der Tabus. Da zahlt ein Manager 250 Euro, um sich in der Mittagspause den Penis durchstechen zu lassen. Eine Studentin arbeitet als Domina, um ihr Studium zu finanzieren. Ein Trans-Performer bietet von seinem Wohnzimmer aus virtuelle Sexdienste für Kunden an, die dafür bezahlen, ihn zu sehen, ohne ihrerseits gesehen zu werden.
Gregor Runge, Co-Leiter der Tanzsparte, betont, dass Arias und ihr Team für diese Produktion sehr aufwändig recherchiert und mit vielen einstigen Sexarbeiterinnen gesprochen hätten. Er freue sich darauf, einige von ihnen zusammen mit dem Tanzensemble des Theaters Bremen auf der Bühne zu sehen. Dort wird es eine auch für das Publikum begehbare Installation geben.
"Eine neue Arbeit" verspricht auch einen Blick auf das Bremen zu Zeiten einer florierenden Hafenindustrie, in der Prostitution eine besonders große Rolle spielte. Die Inszenierung lädt das Publikum dazu ein, über unser Verhältnis zu Sex, Geld, Lust und Schmerz nachzudenken. Die Premiere ist für den 29. September im Kleinen Haus geplant.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 12. Mai 2023, 19.30 Uhr