Vor diesen 7 großen Herausforderungen stehen die Bremer Sportvereine

buten un binnen Extra: Die Sendung aus der Straßenbahn

Bild: dpa | Robert Kneschke/Ulrich Perrey

Kurze Hallenzeiten, marode Sportstätten, Konkurrenz durch Fitnessstudios – wie kann die Politik den rund 380 Bremer Sportvereinen bei ihren Herausforderungen helfen?

Rund 147.000 Bremerinnen und Bremer treiben Sport im Verein. Nach einem deutlichen Schwund während der Corona-Pandemie nehmen die Mitgliederzahlen inzwischen wieder zu – wenn auch nur leicht. Trotzdem: Die Vereine stehen vor großen Herausforderungen. Wir erklären, welche das sind.

1 Bremer Sporthallen sind häufig marode

Sportsenator Ulrich Mäurer (SPD) weiß um die Hallenproblematik im Bremer Sport, aber finanziell sei eben mehr nicht zu machen, sagt er. Momentan stellt Bremen weniger als ein Prozent des Haushalts für den Sport bereit – konkret bedeutet das: rund 27 Millionen Euro.

 "Es gibt niemanden im Senat, der daran zweifelt, dass es richtig wäre, in die Hallen zu investieren", sagt Mäurer auch in Hinblick auf die integrative Kraft der Vereine. Aber die meisten Hallen seien im Besitz der Schulen und das Bildungsressort habe keine Mittel für eine Sanierung – und noch weniger für Neubauten.

2 Sporttreibenden machen die Kosten zu schaffen

"Es mangelt immer am Geld – vor allem für die Sportler, die Turniere und für die Ausrüstung", sagt Sylvia Wendelken, Karate-Trainerin des SFL Bremerhaven. Schon die Anzüge seien teuer. Ein Wettkampfdress koste mehr als 250 Euro und die Sportler bräuchten in jeder Kategorie einen anderen, dazu noch Schützer. Und die Startgebühren müssten natürlich auch bezahlt werden.

Das können sich viele nicht leisten.

Sylvia Wendelken, Karate-Trainerin des SFL Bremerhaven

Trotz der finanziellen Nöte liebt Karate-Übungsleiterin Wendelken ihren Sport. Vor allem, weil sie den Schülerinnen und Schülern viel mitgeben kann. "Die Kinder kommen schlecht gelaunt zum Training und gehen mit einem Lächeln raus." Sie lernten bei den Wettkämpfen zu verlieren und wüssten, dass harte Arbeit Erfolg ermögliche, sagt die Trainerin. "Das ist das Wichtigste, was ich den Kindern mitgeben kann."

3 Es gibt immer weniger Übungsleiter

Auch Eris Dashi, Übungsleiter vom SV Hemelingen, macht seine Arbeit aus Leidenschaft. Der 32-Jährige steht vier- bis fünfmal pro Woche auf dem Fußballplatz, coacht seine Jugendlichen auch nach Abpfiff, viele davon sind Geflüchtete.

Mal bei einer Bewerbung zu helfen, all das gehört dazu. Der Sport hat eine wichtige Rolle bei der Integration.

Eris Dashi, Übungsleiter vom SV Hemelingen

Dashi ist somit nicht nur Trainer, sondern quasi auch Sozialarbeiter. Genau das aber lasse andere vor dem Job zurückschrecken. "Zeitlich ist das für viele nicht machbar." Zudem gebe es nicht viel Geld: maximal 250 Euro Übungsleiterpauschale pro Monat. "Das müsste bezahlt werden wie ein richtiger Aushilfsjob", sagt Eris Dashi.

4 Die Bedürfnisse wandeln sich

Im Hinblick auf die Bedürfnisse der Sportlerinnen und Sportler macht Mäurer auf eine gesellschaftliche Entwicklung aufmerksam, die den Vereinen schade: den Wunsch, rund um die Uhr Sport treiben zu können.

Eva Quante-Brandt, Präsidentin des Landessportbundes (LSB), gibt zu, dass sich die Vereine stärker an die Gewohnheiten der Sportreibenden anpassen müssten. Trotzdem betont sie: "Ich bin froh, dass wir nach Corona von den 9.000 Mitgliedern, die ausgetreten sind, 5.500 wieder zurückgewinnen konnten."

5 Leistungssportler kehren Bremen häufig den Rücken

Für den Leistungssport freuen sich Quante-Brandt und Mäurer über das jüngst eröffnete Sportinternat und über die neue Großturnhalle der Oberschule an der Ronzelenstraße. Beides seien wichtige Elemente, damit die Oberschule zu einer Eliteschule des Sports werden könne.

Peter Gagelmann von der Sportstiftung Bremen bedauert jedoch nach wie vor, dass seine Idee eines "Haus der Athleten" keine finanzielle Unterstützung durch die Bremer Politik gefunden hat. Zumal die Liste der Leistungssportlerinnen und -sportler, die in Bremen keine adäquate Förderung erhalten haben und abgewandert sind, lang ist: Schwimm-Olympiasieger Florian Wellbrock, Turnerin Karina Schönmaier, Handballer Finn Lemke – um nur die erfolgreichsten zu nennen.

6 Auch Para-Sportler zieht es in die Ferne

Anna Josephine Schulz, Para-Schwimmerin und Behindertensportlerin des Jahres 2023, startet mittlerweile für Hamburg. "Ich habe in Bremen keinen Verein gefunden, der dem Deutschen Behindertensportverband beitreten wollte", sagt die junge Frau. Alstersport Hamburg hingegen ist ein Verein für inklusiven Sport mit Landeskader. Mit ihm gewann sie Doppelgold bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften.

Viel lieber würde ich meine Heimat repräsentieren und die Erfolge für Bremen holen.

Anna Josephine Schulz, Para-Schwimmerin aus Bremen

"Bei der Wahl zur Behindertensportlerin hatte ich kurz das Gefühl, dass ich sichtbarer werde. Aber jetzt bin ich wieder sehr unsichtbar", sagt Schulz.

7 Kader werden in Stützpunkten zusammengezogen

Sportsenator Mäurer gibt zu, dass es ihm weh tue, wenn Bremer Sportler Gold für andere Bundesländer einführen. "Aber das ist das bundesweite System der Sportförderung, man zieht die Kader an wenigen Stützpunkten zusammen", so Ulrich Mäurer. LSB-Präsidentin Quante-Brandt möchte sich trotzdem für Sportlerinnen wie Schulz einsetzen und den Behindertensportverband neu ausrichten.

Frau Schulz müsste in einem Schwimmverein in Bremen als Para-Schwimmerin einen Platz finden.

LSB-Präsidentin Eva Quante-Brandt

Insgesamt aber wünscht sich die Präsidentin des Landessportbundes für alle Sportarten, dass das Wort Elite in Bremen wieder positiv besetzt wird. Denn: "Wir wollen und wir können Elite!"

Sportstandort Bremen: Ein Sanierungsfall

Bild: Radio Bremen

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Autorin

  • Anke Kültür
    Anke Kültür

Dieses Thema im Programm: buten un binnen Straßenbahnsendung, 3. Oktober 2023, 19:30 Uhr