Warum die Bremer Babylotsen so wichtig für junge Eltern sind
Sie helfen beim Ausfüllen von Formularen, geben Sicherheit – und sind auch in Krisen für Familien da: die Babylotsen. Doch jetzt ist unklar, wie das Projekt weitergeht.
Von Anfang an Probleme aus der Welt schaffen, bevor sie größer werden – diese Prävention macht die Arbeit von Babylotsen aus. Zwei Frauen sind diese Babylotsen der Caritas und arbeiten im Bremer St. Joseph-Stift.
Es gibt einem Sicherheit, dass man weiß, man steht nicht alleine da.
Michael Buerschaper, Familienvater aus Bremen
Das Projekt der Babylotsen ist auf drei Jahre befristet. Seit knapp zwei Jahren arbeiten beide nun im St. Joseph Stift: Katrin Sevim und Ulrike Deitmer. Die Zukunft der Babylotsen ist allerdings ungewiss. Die Klinik hofft, dass Politik und Caritas, also die Projektträger, einen Weg finden, wie es weiter gehen kann, wenn die Projektmittel enden.
Lotsen helfen auch wenn es heikel wird
Von dem Babylotsen erfahren die Eltern bei der Anmeldung zur Geburt und auf der Wochenbettstation sehen sie sich dann wieder. "Wir sitzen genau an der richtigen Stelle hier. Hier sind die Frauen, sie müssen nicht irgendwo hingehen und die Schamschwelle überwinden", sagt Lotsin Ulrike Deitmer. "Es gibt kein Thema, dem wir uns nicht annehmen, wenn es für die Eltern wichtig ist", fügt Katrin Sevim hinzu.
Die Lotsen kümmern sich um sehr unterschiedliche Belange – manche Situationen sind existenziell. Etwa die Geburt von Mayla vor einem Jahr. Hier hatte Lotsin Katrin Sevim gerade rechtzeitig dafür gesorgt, dass Maylas Mutter Sabrina Hölscher ins Krankenhaus geht. Es galt, keine Zeit zu verlieren. "Es gab einen Notkaiserschnitt, weil das Fruchtwasser schon so grün war. Und dann war es tatsächlich eine sehr brenzlige Situation", erzählt Sevim.
Lotsen entlasten Eltern
Die Lotsin blieb eng im Kontakt – auch als die Mutter mehrere OPs hatte, und gleichzeitig um ihre Tochter bangte, die auf Intensivstation war. "Im Prinzip war es sehr knapp – für sie und für mich. Der Kontakt war immer da. Es wurde immer wieder nachgefragt, wie es mir geht und, dass ich mich nicht unter Druck setzen lassen soll", erzählt Hölscher.
Die Lotsen entlasten Eltern, damit sich Sorgen nicht erst anhäufen. Babylotsin Deitmer sieht Jonte und seinen Vater nach sechs Monaten wieder. Rund um die Geburt hatte sie den Eltern von Jonte vor allem Sicherheit geben können. Schließlich ist der Alltag mit Baby prinzipiell herausfordernd.
Deitmer hat die Familie begleitet, als es darum ging mit dem Baby gut in Kontakt zu kommen, ebenso wie bei der Bürokratie. Anders als etwa Hebammen "lotst" sie auch durch den Papierkram. "Für uns war das eine ganz große Hilfe, dass die ersten Schritte erklärt wurden, wo man schnell Anbindung findet, wo man Hilfestellung bekommen kann – auch bei Sachen wie Anträge stellen für das Kind", sagt Papa Michael Buerschaper.
Vermittlung an Fachstellen
Die Lotsen helfen bei den zig seitenlangen Anträgen auf Kinder- und Elterngeld und manchmal sogar dabei, eine Wohnung zu finden. Oft vermitteln sie weiter an Fachstellen.
"Wir sind immer für alle Eltern ansprechbar und natürlich gibt es Familien, die besonders profitieren, weil sie eben in prekären Umständen sind. Weil es da zum Beispiel keine Krankenversicherung gibt", sagt Ulrike Deitmer.
Bei Familie Musoldt ging es besipielsweise darum, kurzfristig eine Hebamme zu finden – für die Nachsorge. "Wir haben über 30 Hebammen angerufen, aber keine bekommen", berichtet Cathrin Musoldt. Innerhalb eines Tages konnten die Lotsen ihnen eine Hebamme vermitteln und so Druck nehmen.
Hilfe bei rund 1.000 Eltern-Paaren
Die Lotsen würden dem Personal auf der Wochenbettstation im St. Joseph-Stift fehlen, ebenso wie den Eltern, wenn es keine Fortsetzung gäbe. "Man darf ruhig Hilfe annehmen, es gibt nichts, wofür man sich schämen muss", sagt Cathrin Musoldt. Ihr Mann Sebastian fügt hinzu: "Wir hoffen, dass die Babylotsen weiter bestehen bleiben – für andere Paare, die jetzt ihr erstes Kind erwarten."
Drei Paare von bisher rund 1.000, denen die Lotsen mit ihrer Beratung geholfen haben. Dass sie das auch dauerhaft tun können, ist jetzt die Hoffnung vieler Eltern und des St. Joseph-Stifts.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. September 2023, 19:30 Uhr