Interview
Warum Bremen und Niedersachsen bei Glasfaser "über dem Soll" liegen
Im Deutschland-Vergleich haben viele in der Region Zugang zu schnellem Internet – aber längst nicht alle. Außerdem nutzen ihn viele nicht. Ein Experte erklärt die Hintergründe.
Das Breitbandzentrum Bremen-Niedersachsen (BZNB) hat Anfang der Woche zum Breitband-Gipfel nach Osterholz-Scharmbeck geladen: Experten und Politiker aus der Region sind dabei zusammengekommen, um sich über den aktuellen Stand der Dinge und die Herausforderungen beim Breitbandausbau auszutauschen.
Zumindest die Zahlen besagen, dass Bremen und Niedersachsen im Deutschland-Vergleich dabei gut vorankommen: Ende 2023 hatte ein Drittel der Haushalte in Bremen und mehr als die Hälfte der Haushalte in Niedersachsen Zugang zum Glasfasernetz – damit liegen beide Länder über dem deutschlandweiten Schnitt. Die Breitbandatlanten für Bremen und Niedersachsen weisen daher viele grüne und wenig rote Flecken auf. Doch laut Bastian Hiller, Projektleiter beim BZNB, gibt es noch Herausforderungen bei dem Thema – unter anderem, weil sich viele Menschen der Relevanz des Themas offenbar nicht bewusst sind.
Herr Hiller, wie ist es eigentlich bei Ihnen: Sind Sie mit der Qualität Ihres Internets zufrieden?
Ich bin seit 2009 beim BZNB und hatte damals 1,8 Mbit/s von der Telekom. Also, es war wirklich sehr wenig. Durch den geförderten Ausbau konnten wir das jetzt auf 50 Mbit/s hochschrauben. Das ist natürlich immer noch ein bisschen wenig für mich, weil es gerade in Videokonferenzen sehr, sehr anstrengend sein kann, es beim Upload manchmal hakt oder das Bild nicht vernünftig übertragen wird. Sowas kann immer mal passieren, weil der Upload halt sehr gering ist. Ich bin schon auf der Liste, dass ich irgendwann einen Glasfaseranschluss kriege – ich weiß aber noch nicht genau, wann. Deshalb bin ich noch nicht ganz zufrieden, aber es ist definitiv besser als vor einigen Jahren.
In Sachen Internetqualität sind Sie wahrscheinlich hier zufriedener als wenn Sie in einem anderen Teil Deutschlands wären. Wenn man die Bundesländer zum Beispiel im Hinblick auf Glasfaser-Ausbau vergleicht, sieht man, dass die Länder im Norden sehr gut vorankommen. Woran liegt es, dass es da so große Unterschiede gibt?
Ich kann für Niedersachsen und Bremen sprechen. Niedersachsen ist auf Platz drei im Ländervergleich und auf Platz zwei, wenn man die Flächenländer betrachtet. Bremen ist auf Platz sechs und steht ja auch ziemlich gut da. Das ist natürlich dem eigenwirtschaftlichen Ausbau geschuldet, dass das sehr gut vorangeht. Bremen ist städtisch geprägt, es gibt viele Haushalte und es ist wirklich wirtschaftlich für die Unternehmen. In Niedersachsen ist es so, dass wir durch den geförderten Ausbau ziemlich weit in die ländlichen Gebiete vordringen konnten. Und auch da gibt es einen regen Wettbewerb unter den Unternehmen, dass die Kernbereiche, die Haushalte sehr gut erschlossen werden und schneller angeschlossen werden konnten.
Wie zufrieden sind Sie also mit dem Status Quo, was den Glasfaserausbau angeht?
Wir sind da sehr gut aufgestellt, denke ich. Wir erreichen die Ziele bis 2025, da geht es ja darum, dass 50 Prozent der Haushalte mit einem Glasfaseranschluss erschlossen werden sollen. Das übertreffen wir sowohl in Bremen als auch in Niedersachsen. Demnach sind wir über dem Soll, was den Plan der Bundesregierung angeht.
Sie sagen, wir liegen über dem Soll – trotzdem gibt es ja Herausforderungen, was den Ausbau angeht. Wo liegen die? Wo ist es schwierig, Glasfaser in der Breite zur Verfügung zu stellen?
Man kann immer sagen: Es gibt Gebiete, die für einen eigenwirtschaftlichen Ausbau lukrativ sind – die sind aber meistens schon abgefrühstückt, es gibt nicht mehr so viele davon. Jetzt sinkt die Bundesförderung im nächsten Jahr weiter und durch die Zinswende wird es dann auch schwieriger, den Ausbau zu finanzieren. Das beschreibt eigentlich, dass wir im ländlichen Bereich Probleme haben. Diese können wir aber durch bestimmte Maßnahmen, zum Beispiel das Lückenschlussprogramm [vom Bundesministerium für Verkehr und Digitales, Anm. d. Red.], demnächst angehen und vielleicht durch kostengünstigere Ausbaumaßnahmen und alternative Verlegemethoden besser in diese Gebiete kommen. Für die Zukunft ist es daneben wichtig, nach Möglichkeit im Ausbau Synergien mit anderen Infrastrukturen zu schaffen. Muss zum Beispiel das Stromnetz erneuert werden, könnte man Synergien beim Tiefbau nutzen, sodass man schneller in die Fläche kommt.
Die Krux ist aber, dass es sich bei dem jetzigen Verfahren manchmal nicht lohnt, bestimmte Haushalt auf dem Land oder Firmen, die weiter außerhalb liegen, zu erschließen?
Ich würde sagen: Es ist für Unternehmen einfach nicht wirtschaftlich, einen Bauernhof, der zehn Kilometer ringsherum nichts hat, zu erschließen. Und für solche Fälle gibt es jetzt das Lückenschlussprogramm, womit man halt spezielle Bereiche gezielter angeht, vor allem ländliche Bereiche. Dadurch könnten wir die Glasfaser noch weiter aufs Land bringen.
Die Versorgungslage zu Glasfaser wird also ausgebaut – trotzdem nutzen es viele Menschen nicht. Warum ist das so?
Das ist ein wichtiges Thema für uns. Es geht darum, dass die Sensibilisierung für die Glasfaser in der Breite der Bevölkerung noch nicht angekommen ist. Warum brauche ich das denn unbedingt? Im privaten Bereich läuft es im Moment noch gut, die Downloadrate ist in Ordnung, wir können YouTube gucken, wir können Netflix gucken – alles gut. Aber die Kupferader verbraucht zum Beispiel sehr viel mehr Strom als die Glasfaser, bei den HFC-Netzen ist es noch sehr viel mehr. Und im Moment reicht die Downloadgeschwindigkeit zwar noch aus, aber das könnte in Zukunft durch die steigenden Anforderungen irgendwann nicht mehr reichen.
Das Glasfasernetz ist einfach das Netz der Zukunft und für das Fortschreiten der Digitalisierung in Deutschland sollten wir zusehen, dass wir die Glasfaser in die Fläche kriegen.
Bastian Hiller, Projektleiter Breitbandzentrum Niedesachsen-Bremen
Das heißt, es geht auch darum, dass Deutschland einen Standortnachteil hätte, wenn der Glasfaserausbau nicht funktioniert oder ins Stocken geraten würde?
Definitiv. Für die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland wird die Glasfaser benötigt. Die Digitalisierung geht weiter voran. Es ist extrem wichtig, da auch auf dem Stand zu sein.
Im internationalen Vergleich landet Deutschland beim Thema Internet-Qualität in Rankings aber immer wieder auf hinteren Plätzen. Kann Deutschland da Ihrer Meinung nach überhaupt noch aufholen?
Ich würde schon sagen, dass wir da aufholen können. Die Versorgungsentwicklung steigt auch weiterhin. Glasfaser ist das Medium der Zukunft– die anderen sind jetzt ein paar Schritte voraus, aber die können nicht mehr weiter vorausgehen. Wir können halt nur noch aufholen. Und deshalb denke ich, dass wir da nicht abgehängt sind, sondern wir müssen zusehen, dass wir das aufholen.
Sie arbeiten beim Breitbandzentrum und haben auch den Breitbandgipfel ausgerichtet – und bei dem Thema kreist man ja schnell um den Komplex Glasfaser. Gibt es darüber hinaus noch etwas, worauf man seinen Fokus richten sollte?
Ja, der Mobilfunk ist natürlich im Prinzip genauso wichtig. Mobiles Arbeiten von unterwegs, auch Videokonferenzen führen – das wird auch immer wichtiger. Da ist natürlich auch ein Fokus in unserer Arbeit und in der Beratung der Kommunen, dass wir dort auf einem guten Stand sind.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau, 25. September 2024, 7 Uhr