Interview

Bremer Bierbrautage: Chance für kleine Brauereien

Ein Glas Craft Beer in einer Hand, vor mehreren Braukesseln.

Bremer Bierbrautage: Chance für kleine Brauereien

Bild: dpa | Dave Martin / AP Photo

In Bremen findet am Wochenende ein großes Craft-Bier-Festival statt. Warum das für Kleinstbrauereien so wichtig ist, verrät Hofpenfänger-Brauer Markus Freybler.

Auf den Bremer Bierbrautagen schenken noch an diesem Samstag und Sonntag ein halbes Dutzend kleine Brauereien aus Bremen und umzu Craft Bier aus.

Porträt des Bierbrauers Markus Freybler
Der Bremer Bierbrauer Markus Freybler hat hat 2014 die Bremer Braumanufaktur gegründet. Bild: Johanna Stolzenberger

Organisator des Festivals ist Markus Freybler, Gründer der Bremer Braumanufaktur. Der 61-jährige Brauingenieur arbeitete bis 2013 für Beck und Co. 2014 machte er sich als so genannter Gypsy Brauer, also noch ohne eigene Anlage, selbständig.

Seit 2019 braut er seine Biermarke "Hopfenfänger" auf der Überseeinsel in einer eigenen Anlage – derzeit noch in einer alten Herrenumkleidekabine des Kellogg-Werks.

Herr Freybler, wieviel Bier brauen Sie im Vergleich zu einem Koloss wie Beck's?

Wenn Beck und Co. einen Sud macht, dann sind das bei so großen Brauereien vielleicht 700 bis 1.000 Hektoliter...

…wobei ein Hektoliter hundert Litern entspricht…

Kleine Brauereien wie wir arbeiten hingegen mit 10 bis 20 Hekto. Die Union Brauerei hat jetzt eine Anlage mit 20, wir kriegen bald eine mit 15.

Wieviel haben Sie aktuell?

Fünf bis sechs. Ende des Jahres bauen wir dann aus.

Sind Festivals wie die Bremer Bierbrautage wichtig für Sie, um zu überleben?

Für uns speziell gilt, wir sind nicht im Handel vertreten. Uns kann man – zumindest momentan – nicht bei Hol’ab, Rewe, Edeka und so weiter kaufen. Und gastronomisch haben wir unseren Biergarten hier auf dem Gelände und eine Hand voll Gaststätten in Bremen, die wir beliefern.

Das heißt, wir müssen unsere Umsätze auch anders erwirtschaften. Und ein Standbein, das wir haben, sind Veranstaltungen, insbesondere Bierfestivals hier in der Umgebung. Aber auch Musikfestivals wie das "Summersounds" in der Neustadt oder das "Festival Maritim" in Vegesack. Dort, wo es Sinn macht und dort, wo wir raufdürfen, da sind wir dabei.

Flaschen mit Beck
Große Brauereien füllen das vieltausendfache dessen ab, was kleine Craft-Bier-Brauereien wie Union oder die Bremer Braumanufaktur schaffen. Bild: dpa | Carmen Jaspersen

Gibt es denn Festivals, auf die sie nicht dürfen?

Ja. Viele solcher Veranstaltungen sind von den Großen aufgekauft. Wir wollten zum Beispiel jetzt auf die Seebühne an der Waterfront. Das hat ABInbev aber schon aufgekauft…

…also sich die Alleinverkaufsrechte gesichert.

Ja, da können wir als kleine lokale Brauereien dann nicht mehr hin.

Gilt das auch für Freimarkt, Breminale und Co.?

Ja.

Und warum findet man Sie nicht im Handel? Die Bremer Union Brauerei steht da ja auch in einigen Regalen.

Momentan ist das unmöglich für uns, weil uns die technischen Voraussetzungen fehlen. Da geht es ja um Flaschenbier. Und wir haben derzeit eine sehr geringe Abfüllung von 60 Flaschen die Stunde. Zum Vergleich: Eine große Brauerei wie Beck’s macht pro Abfüllanlagen 60.000 und mehr Flaschen pro Stunde. Und die haben mehrere Abfüllanlagen. Im Ergebnis produzieren wir derzeit zu teuer, zumal der Handel da ja auch noch seine Marge draufschlägt.

Bierbrauer Markus Freybler erklärt Besuchern in seiner Brauerei das Bierbrauen
Brauingenieur Markus Freybler (61) bei einem Rundgang durch seine Brauerei auf dem ehemaligen Kellogg-Werkgelände. Bild: Johanna Stolzenberger

Das zweite Problem ist, dass wir mit unserer Anlage, die wir momentan haben, nur Mindesthaltbarkeiten von vier bis sechs Wochen garantieren können. Wenn Sie hingegen im Supermarkt Beck’s kaufen, dann ist das mindestens sechs Wochen alt, bis es überhaupt in den Handel kommt. Sechs Wochen Haltbarkeit wie bei uns, das macht der Handel einfach nicht mit.

Die gestiegenen Rohstoffpreise helfen vermutlich auch nicht?

Nein. Es gibt Umfragen zufolge eine Preisschwelle von rund zwei Euro, ab der die meisten Kunden nicht mehr bereit sind, eine Flasche Bier zu kaufen. Wir zahlen jetzt für Malz doppelt so viel wie vor einem Jahr. Auch die Glasflaschen sind fast doppelt so teuer geworden – ich zahle jetzt 24 Cent statt vorher 14 Cent pro Flasche. Die Energiepreise sind ebenfalls gestiegen. Und Einwegdosen machen wir nicht, weil wir nachhaltig arbeiten wollen. Das macht es immer schwieriger für kleine Brauereien wie uns, diese Zwei-Euro-Marke nicht zu reißen.

Sie haben angekündigt, die Kapazitäten auszubauen. Wann wird die neue Anlage fertig sein?

Anfang November kommen die ersten Tanks. Und ab Januar denke ich, werden wir unser Bier dann in dem neuen Gebäude brauen…

…und die Produktion auf 15 Hektoliter verdreifachen. Wieviel Kosten spart das?

Naja, die Rohstoffe werden deshalb nicht günstiger, wir werden ähnlich viel Malz brauchen. Wir werden aber durch eine neue Technologie, mit der wir die Würze nicht mehr kochen müssen, viel Energie sparen. Wir werden auch nicht mehr Personal brauchen als vorher, weshalb wir auch da künftig kostengünstiger produzieren. Wichtig ist auch, dass wir künftig auch kurzfristige hohe Bedarfe unserer Partner besser erfüllen können, die wir bislang zu Spitzenzeiten nicht immer erfüllen konnten.

Zum Festival haben Sie viele norddeutsche Craft-Bier-Brauereien eingeladen. Helfen Sie sich gegenseitig oder herrscht eher Konkurrenz?

Zusammenarbeit ist einfach sinnvoll. Denn die Kleinen müssen sich schon deshalb unterstützen, weil sie sonst gegen die Großen keine Chance haben. Darum ist zum Beispiel auch die Union Brauerei beim Festival dabei. Mit denen arbeiten wir mittlerweile auch auf anderen Festivals zusammen und brauen jetzt sogar gemeinsam ein Bier. Wir unterstützen uns auch, wenn dem einen mal was fehlt. Wenn Malz oder Hefe nicht da ist, dann kann man das beim Nachbarn holen.

Eine Visualisierung zeigt ein Gebäude in einer Hafenszenerie.
So könnte das "Koggenbräu"-Areals in Bremerhaven künftig aussehen. Bild: architektenbda | Ute Kastens

Natürlich sind wir aber auch zwei verschiedene Firmen, die im Wettbewerb stehen. Der Wettbewerb ist derzeit begrenzt, weil wir nicht im Handel sind. Wenn "Union" und "Hopfenfänger" im Regal nebeneinanderstünden, wäre es vielleicht schwieriger.

Die Union Brauerei hat mittlerweile damit begonnen, in Bremen zu expandieren. Im Juni hat Sie den Zuschlag für die Entwicklung des ehemaligen "Koggenbräu"-Areals in Bremerhaven erhalten. Dort soll eine Erlebnis-Brauerei entstehen. Ist diese Expansion ein Vorbild für Sie oder reicht Ihnen die Überseeinsel?

Die Überseeinsel ist und bleibt Hopfenfängerland (Er lacht.). Union macht aber schon sehr vieles richtig gut. Und insofern ja, das ist ein Vorbild. Eine Expansion kann ich mir momentan dennoch nicht vorstellen. Wir haben eine Anlage, die zu klein ist, wir sind nicht wirtschaftlich, weil wir zu teuer produzieren. Wir müssen jetzt erstmal den ersten Schritt machen und eine Brauerei hinstellen, die funktioniert, die Kapazität hat. Und wenn wir das geschafft haben, dann können wir darüber nachdenken, uns zu vergrößern.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, Vier läuft, 18. August 2023, 11:40 Uhr