Pflanzenabgabe startet: Zu Besuch in Deutschlands erstem Cannabis-Club
Die ersten Stecklinge des Cannabis-Social-Club Ganderkesee sind bereits abholbereit. Und in Delmenhorst entsteht der Verein "Hanfwerk Delmenhorst" – das sind die Pläne.
Konzentriert blickt Daniel Keune durch das Glas einer Lupe. Blatt für Blatt kontrolliert der Vorsitzende des Cannabis-Social-Clubs Ganderkesee (CSC) einen Teil der rund 400 Pflanzen. Denn wenn es um die Qualität geht, nimmt es Keune besonders genau: "Wir stellen hochwertiges und schadstofffreies Cannabis her. Dabei achten wir auf eine nachhaltige und regionale Produktion."
Die ersten Stecklinge werden bereits abgegeben, die Ernte der Blüten beginnt Mitte Oktober. Und das, obwohl der CSC-Ganderkesee erst Anfang Juli seine Anbaugenehmigung erhalten hatte. "Kurz darauf haben wir schon mit der Umsetzung losgelegt und stecken täglich viel Kraft in den Verein", sagt Keune. Möglich sei dieses Tempo nur, weil einige Vereinsmitglieder regelmäßig kräftig anpacken – und das ehrenamtlich.
Die Freude darüber, dass der Verein als erster bundesweit seine offizielle Erlaubnis erhalten hatte, sei immer noch groß. Keune hofft, dass sich das Image von Cannabis-Konsum in der Gesellschaft noch weiter verbessert: "Wir reden von einer Droge – das kann man auch nicht wegdiskutieren. Aber nun haben wir die Möglichkeit, durch Prävention und Aufklärung, den Weg mitzugestalten." Vor der Legalisierung sei dies nicht möglich gewesen. Zudem will der Verein dem Schwarzmarkt entgegenwirken.
Cannabis-Produktion in ehemaligem Stall
Das Gebäude, in dem das Meer aus Cannabis-Pflanzen gedeiht, ist ein ehemaliger Stall. Dieser befindet sich zwar nicht in Ganderkesee, aber auch in der Region. "Den genauen Standort nennen wir aus sicherheitstechnischen Gründen nicht öffentlich", betont Keune. Daran, dass sich in der heutigen Produktionsstätte noch bis Ende vergangenen Jahres Boxen für Tiere aneinanderreihten, erinnert heute kaum noch etwas. Lampen mit unterschiedlich intensivem Licht hängen von den Decken und über Schläuche strömt Dampf, der für hohe Luftfeuchtigkeit sorgt.
Vom Samen zum fertigen Cannabis
"Die Pflanzen brauchen ideale Bedingungen, Abweichungen bedeuten Stress", erklärt Keune. Die Bedingungen sind je nach Entwicklungsphase verschieden. So unterscheiden sich etwa nötige Temperatur, Belichtungszeiträume und Luftfeuchtigkeit. "Zum Wachsen wird Licht aus dem blauen Spektrum, zum Blühen aus dem Roten gebraucht", erklärt er und zeigt ein zartes, nur wenige Zentimeter hohes Pflänzchen.
Nach dem Anwuchs folgen Wachstums- und dann Blütephase. "Sobald sich die Blüten fertig entwickelt haben, werden diese geerntet und getrocknet", sagt Keune. Der gesamte Prozess vom eingepflanzten Samen bis zum fertigen Cannabis dauert rund vier Monate.
Große Nachfrage schon vor erster Cannabis-Ernte
An der Adelheider Straße 73 A werden bereits Stecklinge und Samen abgegeben – das ist auch an Nicht-Mitglieder möglich. Die Höchstgrenze liegt bei drei Stück; so gibt es das Gesetz vor. Cannabis hingegen wird ausschließlich an Mitglieder abgegeben. Anfang November geht es los, sagt Keune: "Wir haben ein Jahreskontingent von 74 Kilogramm." Und die Nachfrage ist so groß, dass der CSC-Ganderkesee förmlich aus allen Nähten platzt.
Wir haben hunderte Menschen auf unserer Warteliste stehen.
Daniel Keune, Vorsitzender des CSC Ganderkesee
Rund 500 Mitglieder zählt der Verein – und das ist auch die maximal erlaubte Anzahl. "Wir haben hunderte Menschen auf unserer Warteliste stehen", betont Keune. Unter den Mitgliedern finden sich unter anderem Menschen aus Ganderkesee, Oldenburg, Delmenhorst, Bremen und Osnabrück. Die Altersspanne reicht von 18 bis 76 Jahren, verschiedene Gesellschaftskreise sind laut Keune vertreten.
Jugend- und Präventionsschutz im Verein
Um den Jugend- und Präventionsschutz kümmern sich beim CSC-Ganderkesee die beiden Mitglieder Isabell Logemann und Mario Janßen. Die beiden beraten und informieren über verantwortungsvollen Konsum. Während der Öffnungszeiten seien sie möglichst oft vor Ort, sagt Janßen: "Oder zumindest in der Nähe, sodass wir bei Bedarf erreichbar sind und innerhalb kurzer Zeit vorbeikommen können."
Laut Logemann sollte niemand Cannabis konsumieren, um Emotionen zu kompensieren: "Es kann unter Umständen vorkommen, dass wir kein Cannabis abgeben." Beispielsweise, wenn sich jemand in einer psychisch instabilen Lage befindet, bekifft oder alkoholisiert bei der Abgabestelle erscheint. "Wir würden ein Mitglied in so einem Fall aber niemals ausschließen, sondern unterstützend zur Seite stehen und falls nötig helfende Kontakte, etwa zur Suchtberatungsstelle, herstellen."
Zudem liegt ein besonderes Augenmerk auf der Einhaltung des Jugendschutzes. Dazu gehört nicht nur, dass Cannabis erst ab 18 Jahren abgegeben werden darf, sondern auch die notwendige Aufklärung. Hinzu kommen gesetzliche Regeln für junge Menschen, wie etwa ein niedrigerer THC-Gehalt im Cannabis und eine kleinere erlaubte Abgabemenge.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 2. Oktober 2024, 19:30 Uhr