Lohnlücke, Gewalt, Jobs: Das sind die Probleme von Frauen in Bremen

Eine Frau hebt ihre Faust in die Höhe. Auf ihrem Arm ist das Venussymbol zu sehen, das für das weibliche Geschlecht und Frauenrechte steht.

Demonstration und Co.: Das ist in Bremen zum Frauentag geplant

Bild: dpa | Elisa Schu

Vor mehr als 100 Jahren fand der erste Internationale Frauentag in Deutschland statt. Vieles hat sich seitdem geändert, Probleme gibt es aber noch immer.

Dementsprechend gehe es den Frauen in Bremen 114 Jahre nach der Premiere durchwachsen, sagt die Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März. Grund genug, in diesem Jahr mit mehr als 100 Veranstaltungen im Land Bremen auf die Forderungen aufmerksam zu machen.

Ging es zu Beginn um das Wahlrecht für Frauen und schon immer um Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter, stehen in den vergangenen Jahren zusätzliche Forderungen im Mittelpunkt: gleiche und faire Bezahlung, gerechte Verteilung von Care-Arbeit, Chancengleichheit, Sexismus und immer wieder das Thema Gewalt an Frauen. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erlebt jede dritte Frau in ihrem Leben psychische oder körperliche Gewalt – sei es in ihrem Privatleben oder der Öffentlichkeit.

Gewalt gegen Frauen als zentrales Thema

Die wachsende Gewalt gegen Frauen haben die Verantwortlichen der Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) Bremen in diesem Jahr neben dem Thema Demokratie als Schwerpunktthema ihrer Aktionen rund um den Frauentag gewählt. Anlass ist der Rechtsruck national und international, wodurch Frauen in letzter Zeit häufiger Zielscheibe von Anfeindungen werden, sagt Bettina Wilhelm.

Hoffnung macht dabei ein Gesetz, das es Mitte Februar nach dem Bundestag auch durch den Bundesrat geschafft hat. Das sogenannte Gewalthilfegesetz garantiert künftig von Gewalt betroffenen Frauen und damit auch ihren Kindern einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung. Dieser tritt allerdings erst zum 1. Januar 2032 in Kraft. Vorab sollen die Länder Zeit haben, Hilfesysteme auszubauen.

Lange Wartezeiten bei Hilfsangeboten

Ab 2028 wird dazu Geld vom Bund auch ins Land Bremen kommen. Geld, das dringend gebraucht wird, sagt Bettina Wilhelm, um die benötigten Beratungsstellen und Plätze in Frauenhäusern zu finanzieren und auszubauen. Aktuell gibt es lange Wartezeiten bei der Interventionsstelle für häusliche Gewalt oder auch beim Frauennotruf.

In der aktuellen Bremer Polizeistatistik aus dem Jahr 2023 ist die häusliche Gewalt um gut 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. In Bremerhaven sogar um 40 Prozent, sagt Bremerhavens Frauenbeauftragte Kathrin Stern. Trotz klammer Kassen wurde in Bremerhaven im Februar 2024 beschlossen, das Frauenhaus auszubauen. Ziel ist es, die Anzahl der Familien mehr als zu verdoppeln, auf 30. Ein Finanzierungsvorschlag wurde erarbeitet, muss aber noch durch schwierige Haushaltsverhandlungen.

Es gibt große Probleme, aber die Frauen profitieren davon, dass wir eine kleine Stadt sind, gut vernetzt, man sich gegenseitig hilft und es viel kreatives Potential gibt.

Kathrin Stern, Leiterin des ZGF-Büros Bremerhaven

In Bremen hat die vor gut einem Jahr eröffnete Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen Mitte schon vielen Frauen in Not geholfen. Sie ist eine vertrauliche Anlaufstelle nach häuslicher und sexualisierter Gewalt, um Verletzungen rechtsmedizinisch sichern und dokumentieren zu lassen. Die dort gesammelten Beweise können bei Bedarf auch später für mögliche Gerichtsverfahren verwendet werden.

Paragraph 218 als "ganz großes Thema"

Im Gegenteil zum Gewalthilfegesetz, hat es die Reform des Paragraphen 218 im Strafgesetzbuch nicht mehr durch Bundestag und Bundesrat geschafft – zur Enttäuschung der Frauenbeauftragten in Bremen und Bremerhaven. Laut Paragraph 218 sind Abtreibungen grundsätzlich rechtswidrig, unter bestimmten Voraussetzungen aber straffrei. Zur Debatte stand, dass künftig Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen legal sein sollen. Ob die nötigen Mehrheiten dafür zustande gekommen wären, bleibt offen. Künftig dürfte es noch schwieriger werden, fürchtet Wilhelm: "Da ist absolut keine Lösung in Sicht, mit der Zusammensetzung der Bundesregierung wie sie jetzt sein wird."

Das ist ein ganz großes Thema und hätten wir natürlich gerne durch den Bundestag gehabt. Die Zeiten stehen jetzt so, dass es auf längere Zeit vermutlich schwierig wird, voranzukommen.

Bettina Wilhelm, Landesfrauenbeauftragte

Probleme gibt es auch bei der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt. Weggefallene europäisch finanzierte Fördermaßnahmen und Sprachkurse sind ein Problem, das mit Mitteln aus Bremen nicht kompensiert werden kann. Tragisch ist laut Wilhelm, dass zum Beispiel zahlreiche Angebote im Mütterzentrum Blockdiek weggefallen sind.

Demonstration ab 15 Uhr auf dem Marktplatz

Eine der zentralen Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag ist die Demonstration ab 15 Uhr auf dem Bremer Marktplatz. Organisiert von sieben verschiedenen Frauenvereinen und Initiativen unter dem Motto "Gemeinsam gegen Faschismus, Feminismus heißt Widerstand!" wird zum Protest aufgerufen.

Zudem gibt es Kultur für Frauen: Sowohl die Kunsthalle Bremen als auch die Weserburg laden zu kostenlosen Führungen ein. Vor dem Theater Bremen wird es eine Soundinstallation mit feministischen Texten auf dem Goetheplatz zu hören geben.

Ich wünsche mir, dass die Frauen laut sind, dass sie nicht leise werden und gerade jetzt auf die Straße gehen. Aber nicht nur von den Frauen, sondern von allen, die für Gleichberechtigung sind.

Bettina Wilhelm, Landesfrauenbeauftragte

Insgesamt gibt es bis Ende März mehr als 100 Veranstaltungen in Bremen und Bremerhaven. Neben Lesungen, Diskussionen, Konzerten, Ausstellungen, Workshops, Partys, einem feministischen Kniffelturnier, Selbstbehauptungstrainings und Vorträgen zu Anti-Feminismus und Frauen gibt es in Bremerhaven auch einen Fokus auf zwei männerdominierte Branchen.

Blick auf Frauen in der Musik

Am Frauentag selbst wird unter dem Titel "empowered women – empower women" – ab 18:30 Uhr über die Unterrepräsentanz, Bezahlung und Sichtbarkeit von Frauen in der Musikindustrie diskutiert, aber auch über Sexismus in der Branche. Im Anschluss an die Diskussion soll im Bremerhavener Pferdestall gefeiert werden.

Eine Woche später ist ein weiblicher Blick in die Tattoo-Branche geplant: bei der "Lady's Tattoo Con" – einem Treffen für Frauen von Frauen aus der Tattoo- und Piercingbranche. Frauen sollen sich an zwei Tagen über die Möglichkeit austauschen, sich in diesem Bereich selbständig zu machen.

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Autorin

  • Katharina Guleikoff
    Katharina Guleikoff Moderatorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 8. März 2025, 19:30 Uhr