Interview
Wie alte Bahnstrecken Bremen wieder mit dem Umland verbinden könnten
Der Verband "Allianz pro Schiene" will 325 Bahnstrecken wieder beleben. Fahren also schon bald wieder Züge von Bremen nach Stuhr?
Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Bremen nach Stuhr fahren will, landet zwangsläufig im Bus. Denn die Bahnstrecke gibt es zwar noch. Doch Züge fahren schon lange nicht mehr auf ihr. So wie zwischen Bremen und Stuhr wurden in der Vergangenheit Hunderte Strecken stillgelegt. Die Allianz pro Schiene will mehr als 300 davon wieder beleben. Und das am besten möglichst schnell, sagt Volker Stölting, Beauftragter des Verbands für Bremen und Niedersachsen, im Gespräch mit Bremen Zwei.
Sie wollen 325 stillgelegte Zugstrecken wieder zurück ans Netz holen. Aber braucht es die wirklich alle?
Die braucht es tatsächlich, weil diese Strecken viele Bereiche im ländlichen Raum wieder erschließen würden, die heute nur mit dem Bus zu erreichen sind – beispielsweise Aurich...
...oder Stuhr. Dort gibt es allerdings Pläne der Bremer Straßenbahn AG, die Straßenbahnlinie nach Stuhr bis Ende 2025 zu verlängern. Stören Sie mit Ihren Plänen dann nicht solche regionalen Projekte?
Nein, überhaupt nicht. Das passt sogar zusammen. Wir können ja mit einer Straßenbahn eine Eisenbahnstrecke reaktivieren – der Abstand zwischen den Schienen obendrauf ist der gleiche.
Allerdings soll die Straßenbahn ja nicht über die alten Schienen laufen, sondern es werden neue verlegt. Würden wir in Ihren Augen also sogar Energie und Kosten sparen, wenn man die beiden Vorhaben miteinander verbindet?
Klar! Das wäre ein ganz hervorragendes Projekt. Und ich hoffe, dass das auch wirklich schnell über die Bühne geht.
Züge kann man theoretisch bauen, das Problem mit dem Personal ist schwieriger zu lösen.
Volker Stölting von der "Allianz pro Schiene"
Wenn jetzt wirklich wie von Ihnen geplant viele Vororte wieder ans Netz zurückgeholt werden könnten, braucht es dafür dann nicht auch noch mehr Züge und mehr Personal? Schließlich fallen doch schon jetzt viele Verbindungen aus, weil nicht genügend Mitarbeitende da sind.
Das ist natürlich ein Problem, das muss man ganz klar sagen. Züge kann man theoretisch bauen, das Problem mit dem Personal ist schwieriger zu lösen. Aber auch da müssen wir mit geeigneten Maßnahmen und attraktiven Bedingungen für Lokführer gegensteuern und neue Leute ausbilden, damit auch die Züge fahren können.
Nur wie soll das gelingen? Für die Ausbildung braucht man ja erst mal Leute.
Ja, aber an sich ist das ein relativ sicherer Job. Man muss ihn aber auch dementsprechend so attraktiv machen, dass die Menschen diesen Job auch ergreifen wollen. Ich kann mich erinnern, dass viele Kinder früher vom Beruf des Lokführers geträumt haben. Warum sollte das nicht auch wieder so sein? Man muss die Jobs nur attraktiv genug machen.
Die SPD hat heute ein Strategiepapier vorgestellt, in dem mehr Investitionen in Infrastruktur gefordert werden – also in Schienen und Netze. Könnte Ihre Forderung also schon bald umgesetzt werden?
Das wäre natürlich ein Wunschtraum. Allerdings geht keine Reaktivierung von heute auf morgen. Das dauert immer ein bisschen. Es muss geplant werden, Genehmigungen müssen erteilt werden. Und das dauert relativ lange. Deswegen gehört zu unserer Forderung auch, dass diese Planungsverfahren beschleunigt werden müssen.
Das Interview hat Julian Beyer für Bremen Zwei geführt, aufgeschrieben für butenunbinnen.de wurde es von Robert Otto-Moog.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 14. Oktober 2024, 17:38 Uhr