"Eine schöne Geschichte": Als vor 20 Jahren der Wesertunnel öffnete
Der Tunnel verbindet die beiden Weserseiten seit zwei Jahrzehnten. Doch für Dedesdorf gibt es auch Nachteile – nicht zuletzt das Verschwinden der Bockwurst auf der Fähre.
Er hat eine Länge von 1.646 Metern und verbindet die Landkreise Wesermarsch und Cuxhaven. Seit 20 Jahren gibt es ihn nun, den Wesertunnel bei Bremerhaven. Nach einer Bauzeit von sechs Jahren wurde das Verbindungsstück am 20. Januar 2004 offiziell für den Verkehr freigegeben – heute vor zwei Jahrzehnten. Was hat sich für die Menschen die direkt am Wesertunnel in Dedesdorf wohnen verändert?
Ich wünsche, dass dieser Tunnel einen wirklichen Schub für die Entwicklung der unmittelbar betroffenen Region gibt und ich wünsche vor allen Dingen allen, die diesen Tunnel passieren eine glückliche Fahrt.
Manfred Stolpe (SPD), damaliger Bundesverkehrsminister
Als damaliger Bundesverkehrsminister durfte Manfred Stolpe (SPD) den Wesertunnel zwischen Kleinensiel und Dedesdorf im Jahr 2004 offiziell eröffnen. Bis es aber soweit war, wurde jahrzehntelang geplant und knapp sechs Jahre gebaut. An diese Bauzeit erinnert sich der Dedesdorfer Uwe Schröder noch gut.
Ein Teil des Bohrers kam per Fähre
Schon damals war der heutige Ortsbrandmeister bei der Freiwilligen Feuerwehr in Dedesdorf Mitglied. Und die war bei einem ganz besonderen Meilenstein des Tunnelbaus im Einsatz. Uwe Schröder erinnert sich daran, wie ein großes Bauteil des Tunnelbohrers mit der Weserfähre transportiert werden sollte.
Wir haben damals, als die erste Röhre durchgestochen war, den Transport begleitet, von der Tunnelbormaschine zur Fähre. Das war schon beeindruckend, so ein zwölf Meter großes Rad auf einem Tieflader zu sehen. Das war schon eine coole Nummer, muss man echt sagen, das hat man nicht alle Tage.
Uwe Schröder, Ortsbrandmeister
Kurz vor der offiziellen Eröffnung mit den geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft wurde bei einem Tag der offenen Tür gefeiert. Zu Fuß ging es für tausende Neugierige zum ersten Mal in den Tunnel. Auch Schröder war dabei: "Das erste Mal zu Fuß durch den Tunnel laufen, das war schon eindrucksvoll."
Auch Radio Bremen war damals vor Ort. Als Reporter war seinerzeit Jan Böhmermann mit dem Mikro in den Röhren unterwegs, allerdings nicht zu Fuß:
Wie sie vielleicht wissen: Der Tunnel ist 1,6 Kilometer lang, bis zur Mitte sind es genau 800 Meter. Unser Ü-Wagen steht vor dem Tunnel und jedes Mal wenn wir von der Eröffnungsfeier zum Ü-Wagen müssen, müssen wir unsere Inlineskates bemühen und es ist doch sehr, sehr anstrengend.
Jan Böhmermann, damaliger Radio Bremen-Reporter
Für die Dedesdorfer sollte sich ab dem Zeitpunkt der Tunneleröffnung so einiges ändern. Für die Freiwillige Feuerwehr stand bis hierhin noch der Hochwasserschutz bei Sturmflut am Deichschart im Mittelpunkt.
Neue Aufgaben für die Feuerwehr
Doch mit der Eröffnung des Wesertunnels, der Hauptverkehrsader zwischen Wesermarsch und Landkreis Cuxhaven, musste aufgerüstet werden. Neue Geräte, neue Ausrüstung, ein neues Feuerwehrhaus und ein neues Feuerwehrauto – alles für den Wesertunnel und um auf mögliche Großeinsätze oder schwere Verkehrsunfälle im und am Tunnel vorbereitet zu sein.
Die zweite große Veränderung für die Dedesdorfer: Der Betrieb der Weserfähre wurde eingestellt, erinnert sich Ortsvorsteher Holger Onken.
Ich bin ja hier geboren und habe direkt an der Straße gewohnt, von daher war es immer eine Belastung für uns, dass die Fähre da war. Von daher waren wir natürlich froh, als der Tunnel fertig war, dass der Verkehr weniger wurde. Aber darunter hat dann natürlich die Gastronomie gelitten. Der Durchgangsverkehr war weg und dann hat auch keiner mehr angehalten, die waren natürlich nicht mehr da.
Holger Onken, Ortsvorsteher
Zu den Hauptverkehrszeiten, gerade Freitagsnachmittags schlängelte sich die Autoschlange durch den kleinen Ort. Alle warteten, um irgendwann auf die Fähre zu kommen. Aber auch schöne Erinnerungen hat Holger Onken an die Zeit der Weserfähre: Er kannte alle, die dort gearbeitet haben, den Kapitän, durfte auch mal lenken. Und natürlich die legendäre Fährbockwurst.
Jetzt bei Eisgang im Winter, früher ist die Weser ja nochmal zugefroren, da sind wir nur auf die Fähre gegangen, um das knacken des Eises zu hören, wenn die Fähre da durchgefahren ist. Das war schon ein Erlebnis.
Holger Onken, Ortsvorsteher
Fast schon melancholisch denken die Dedesdorfer zurück, an die Zeit vor dem Wesertunnel. Aber auch die erste Bilanz nach 20 Jahren fällt trotz einiger Vorbehalte und aller Melancholie positiv aus:
Früher war das wie eine Barriere, die Fähre war eine Barriere. Und jetzt? Viele arbeiten drüben oder kaufen ein oder umgekehrt. Das ist jetzt durch den Tunnel natürlich eine absolut schöne Geschichte. Für unseren Ort hat es Vor- und Nachteile. Der Verkehr ist weniger geworden, dafür haben wir es ein bisschen ruhiger. Auf der anderen Seite hat die Gastronomie und auch die Geschäfte darunter gelitten, die gibt es alle fast gar nicht mehr. Und, dass man nicht mehr rüberfahren und eine Bockwurst essen kann.
Holger Onken, Ortsvorsteher
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Samstagmorgen, 20. Januar 2024, 8:40 Uhr