"Mosaic"-Expedition: Eisscholle zerbricht in tausend Einzelteile
Die Scholle, mit der die Forscher des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts seit Monaten durch die Arktis driften, ist zerbrochen. Ihr Forschungscamp konnten sie retten.
Unter lautem Knallen ist die Scholle der "Mosaic"-Expedition am Donnerstag in viele Einzelteile zerbrochen. Das teilte das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, das die Expedition leitet, am Freitag mit. Das Timing war perfekt, heißt es: Am Tag zuvor hatten die Forscher ihr Camp auf der Scholle abgebaut. Wie geplant konnten sie auch die letzte Phase des Lebens der Scholle dokumentieren. Die Forscher hatten im vergangenen Jahr, vor genau 300 Tagen, mit der "Polarstern" an der Scholle angedockt und waren mit dem Eis mitgedriftet. Die Scholle zerbrach etwa fünf Kilometer von der Eiskante entfernt.
Es ist uns gelungen, den Lebenszyklus der "Mosaic"-Scholle seit Anfang Oktober letzten Jahres bis zu ihrem Ende zu begleiten. [...] Hier beendet sie nun an der Eiskante ihren natürlichen Lebenszyklus, während sie unter dem Einfluss von Dünung und Wellen zerbricht, schließlich schmilzt und wieder zu dem Wasser des Ozeans wird.
Expeditionsleiter Markus Rex
"Das Konzept dieser Expedition ist damit vollständig aufgegangen“, sagt Expeditionsleiter Markus Rex. Die Reise ist aber noch nicht zu Ende. Die "Polarstern" wird zunächst noch nahe der Eiskante bleiben, bis der russische Forschungseisbrecher "Akademik Tryoshnikov" in den kommenden Tagen eintrifft. Er bringt das Team des letzten Mosaic-Abschnitts sowie Proviant und Treibstoff mit.
Das letzte Team will das beginnende Gefrieren am Ende des Sommers untersuchen. "Für diese Phase werden wir weit nach Norden vorstoßen, wo die Eisbildung bereits demnächst einsetzen wird", erklärt Rex.
Die Mosaic-Expedition in Bildern von Fotografin Esther Horvath
Immer wieder bildeten sich Risse
Am 4. Oktober 2019 hatten sich die Wissenschaftler der "Mosaic"-Expedition an der Eisscholle einfrieren lassen, auf der sie ihr Forschungscamp für die Drift durch das Nordpolarmeer aufbauten. Die Suche nach einer geeigneten Scholle gestaltete sich als eine enorme Herausforderung, da es nach einem der wärmsten Sommer damals kaum ausreichend dicke Schollen in der Ausgangsregion der Expedition gab. Die Scholle ihrer Wahl hatte sich – wie sie später herausfanden – im Dezember 2018 vor den Neusibirischen Inseln gebildet.
Im Laufe des Jahres sorgten Stürme immer wieder für Risse und Unebenheiten im Eis, die den Expeditionsteilnehmern viel abverlangten. Doch insgesamt blieb die Scholle bis zuletzt stabil – selbst während der Schmelzsaison, als die benachbarten Bereiche nach und nach zerbröselten.
In den vielen Monaten ist die Scholle für uns ein Zuhause geworden, das wir immer in Erinnerung behalten werden. Nun tritt sie ihren letzten Weg an und wird wieder zu Wasser. Es ist Zeit, Abschied zu nehmen, und für die letzte Phase der Expedition nach Norden aufzubrechen.
Expeditionsleiter Markus Rex
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 31. Juli 2020, 14 Uhr