Überfälle in Bremen und Bremerhaven: Wie kann man sich schützen?
Erst in der vergangenen Woche wurden zwei Überfälle bekannt; im Dezember wurde eine Frau am Osterdeich ausgeraubt. Das macht vielen Angst. Wie sollte man sich verhalten?
Die Polizei in Bremen und Bremerhaven meldet immer wieder, dass es in der Stadt zu Überfällen kommt – zum Teil auch mitten am Tag. Gerade wenn Waffen wie Messer im Spiel sind, wissen viele nicht, was sie in der extremen Schocksituation eines Raubüberfalls machen sollen.
Wir haben mit dem Präventionszentrum der Bremer Polizei und der Opferhilfe Niedersachsen über das Thema gesprochen.
Wie kann ich mich vor Überfällen schützen?
"Einen absoluten Schutz gibt es leider nicht", schränkt das Präventionszentrum der Bremer Polizei ein. Doch ein wichtiger, aber oftmals nicht bedachter Hinweis ist, seine Wertsachen nicht sichtbar zu zeigen oder in abreißbaren Taschen zu verstauen. Auch ein sicheres Auftreten kann Schutz bieten, denn Kriminelle suchen sich oft vermeintlich 'leichte' Opfer, so Maren Pfitzner aus der Zentrale der polizeilichen Prävention.
Auch betrunkene Personen werden bevorzugt. Die Polizei rät, in solchen Situationen auf dem Heimweg öffentliche Verkehrsmittel oder ein Taxi zu nutzen und seine Umgebung aufmerksam zu beobachten. In Bus oder Bahn sind Gangplätze in Fahrernähe sicherer.
Weiterhin sollte man abgelegene und dunkle Straßen meiden. Auch menschenleere Orte sollten umgangen werden. Die Bremer Polizei rät, lieber Umwege in Kauf zunehmen und auf sein Bauchgefühl zu hören.
Auch Gruppen bieten Schutz vor Überfällen und Übergriffen, dass können auch fremde Passanten sein, mit denen man gemeinsam ein paar Schritte geht.
Was sollte ich ganz konkret in einer Überfallsituation machen?
Wenn eine gefährliche Situation droht, rät die Polizei klar zum Wegrennen. Sollte es dazu zu spät sein, gilt es die eigene Gesundheit zu schützen und kein Risiko einzugehen. Da Kriminelle oft den Überraschungsmoment nutzen und nicht vor Gewalt zurückschrecken, sollte man ihnen Folge leisten und sich nicht wehren. Das kann die direkte Herausgabe von Geld oder Handy bedeuten.
Dem Räuber geht es nur um die Beute. Im Zweifelsfall: Alles rausgeben und sich den Täter und sie Situation einprägen.
Maren Pfitzner, Bremer Präventionszentrum der Polizei
"In der Regel kommen die Räuber überraschend, sind manchmal zu zweit und die Taten gehen sehr schnell", beschreibt Pfitzner so eine Situation. Wer diskutiert oder sich wehrt, habe oft schlechte Karten, dann könnten Schläge oder Tritte folgen.
Gibt es besondere Tipps für Frauen oder Kinder?
Nein, die Präventionstipps gelten für alle. "Es ist aber immer sinnvoll, bestimmte Situationen vorher im Kopf durchzugehen und sich Pläne für den Ernstfall zu machen", rät Pfitzner. Dabei kann man nach sogenannten 'Rettungsinseln' suchen, also Orte wie Geschäfte, wo man sich Hilfe holen kann.
Bei Kindern kann man diese gemeinsam auf dem Schulweg durchgehen, doch auch bei Arbeitswegen kann das helfen. Kinder sollten ebenfalls die Notrufnummer 110 kennen.
Wie soll ich als Frau bei sexueller Belästigung reagieren?
Hier gilt es, anders als beim Raubüberfall, sich energisch zu wehren. In der Vergangenheit galt die Devise, sich als Frau bei sexuellen Übergriffen nicht zu wehren, um Verletzungen der Opfer zu vermeiden. Heute ist das anders: "Wir sagen: Wehr dich mit allem, was du hast, weil dadurch Taten verhindert wurden und werden", sagt Pfitzner vom Bremer Präventionszentrum der Polizei.
Was sollte ich auf keinen Fall tun?
Die Polizei Bremen rät ab, Waffen zu tragen. Denn das kann zur Eskalation einer Situation führen. Dazu gehören auch legale Pfeffersprays, auch sie können die Gewaltbereitschaft der Täter steigern. Außerdem bergen sie die Gefahr, dass der Täter das Spray an sich bringt und es gegen das Opfer einsetzt, informiert das Präventionszentrum der Bremer Polizei.
"Wenn Geld verlangt wird, dann ist das Geld weniger wert als das eigene Leben", berichtet auch Kira-May Gresbrand vom Opferhilfebüro Verden.
Ein Tipp hat sie aber: Schrillalarme. Das sind kleine schlüsselanhängergroße Alarme aus zwei Teilen. Wenn man diese voneinander löst, schrillt ein Alarm los. Das richtet die Aufmerksamkeit auf die Tat und schreckt die Täter ab. "Gerade im Schock kann das die eigene Stimme ersetzen, wenn man nicht laut um Hilfe rufen kann."
Wenn ich gerade überfallen wurde: Was sollte ich sofort machen?
"Das ist erst mal ein Schockmoment", so Gresbrand. Und trotzdem gilt, sich sofort Hilfe zu holen und die Polizei rufen. Abhängig davon, wo man sich befindet und ob man noch ein Handy hat, kann das schwierig sein.
Es hilft bei Menschen Unterstützung zu suchen, die Zeit haben, wie zum Beispiel ein Sicherheitsbeamter am Bahnhof. Gestresste Menschen auf dem Weg zum Zug sollten nicht angesprochen werden. Denn wenn man als gerade überfallene Person abgewiesen wird, kann das die traumatische Erfahrung noch verstärken.
Ich würde gleich deutlich machen, dass ich Hilfe brauche und die Polizei gerufen werden soll und nicht erst fragen, ob man kurz telefonieren kann.
Kira-May Gresbrand, Opferhilfe Niedersachsen
Ebenfalls wichtig ist: den Täter und die Situation, auch wenn es belastend ist, im Kopf festhalten. Das hilft bei der Täterbeschreibung und den Ermittlungen der Polizei. Hierbei sind Aussehen und Kleidung des Täters oder der Täterin sowie besondere Merkmale wie Tätowierungen, Fluchtrichtung oder -fahrzeug wichtig.
Sollte ein Überfall traumatische Folgen haben, bietet die Opferhilfe Beistand. Dort wird geschaut, welche die Ängste die Opfer haben. Auch beim Strafverfahren unterstützt die Opferhilfe. "Wir erklären, welche nächsten Schritte nach einer Anzeige getan werden können, gucken, ob ein Anwalt gebraucht wird und begleiten Opfer auch bei einer Zeugenaussage oder Gegenüberstellung", sagt Kira-May Gresbrand.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Tag, 24. Januar 2023, 23:30 Uhr