Hafenkneipe Blinkfeuer: Bremerhavener trauern um ihr "Wohnzimmer"
Sie gehören zu Bremerhaven wie der Hafen: Hafenkneipen. Mit dem Blinkfeuer schließt nun eine Gaststätte, die schon Lale Andersen besuchte. Was bleibt, ist ein Fünkchen Hoffnung.
Zu einer Hafenstadt gehört eine echte Hafenkneipe. Davon gibt es in Bremerhaven noch manche. Eine besonders alteingesessene muss zum Jahresende jedoch schließen: Das urige und geschichtsträchtige Blinkfeuer an der Weserfähre. Nicht weil die Betreiber es wollen, sondern weil sie müssen – der Mietvertrag wurde nicht verlängert. Bei Kneipenbetreibern und -besuchern löst das große Traurigkeit aus, doch es nützt alles nichts. Ein Besuch an der Theke.
Statt Tapeten zieren Decken und Wände im Blinkfeuer alte Seekarten. Überall finden sich Bilder, Lampen und Gegenstände von Schiffen. Jahrzehntelang sind hier Seeleute ein und aus gegangen. Zum Ende des Jahres wollte nun Jasmin Czichon die Kneipe komplett von ihrem Vater übernehmen. Noch bis vor kurzem hatten sie darauf gehofft, dass es weitergeht, dass es gelingt, den Vermieter umzustimmen. Doch daraus wird endgültig nichts.
Überlebenskampf zehrt an Betreibern
"Die Wochen haben schon gezehrt", sagt Czichon. Seit längerem kämpfe man, habe viele schlaflose Nächte. Doch langsam sei die Kraft am Ende. "Man muss gucken, dass der Akku wieder aufgeladen wird und noch ein bisschen Hoffnung bleibt." Mit Tränen in den Augen erzählt die Tochter des Wirts von ihrem "Blinky", wie sie die Kneipe gerne nennt. Hier ist sie aufgewachsen, hier hat sie viel erlebt.
Viele schöne Partys, viel Lachen, viele traurige Geschichten auch – man kriegt auch die privaten Sachen von seinen Gästen mit, die einen manchmal auch wirklich treffen. Und glückliche Dinge. Man unterstützt sich in der Nachbarschaft. Das ist wie ein großes Wohnzimmer für die Geestemünder und die Bremerhavener.
Jasmin Czichon, Blinkfeuer-Erbin
Vor 31 Jahren hat ihr Vater den Laden mit der mittlerweile verstorbenen Mutter übernommen. Das Blinkfeuer gibt es noch viel länger. Der heute 82 Jahre alte Jochen Czichon erinnert sich gerne an seine Jahre als Kneipenwirt.
Hier habe ich schon mit Freddy Quinn, mit Erich von Dänicken, mit etlichen Berühmtheiten zusammengesessen. Hier ist wirklich schon viel Prominenz und viel Spaß gewesen.
Jochen Czichon, Blinkfeuer-Wirt
Ein Fünkchen Hoffnung bleibt
Auch Lale Andersen war laut Jochen Czichon schon da. Das Blinkfeuer besticht durch seine heimelige Einrichtung. Fast wie ein Museum sieht es aus und die alte Schankwirtschaft hat mittlerweile Kultstatus in Bremerhaven. Die Gäste finden es allemal schade, dass hier bald ein letztes Mal das Licht hinter dem Tresen ausgeht. Die Menschen hier können ihre Enttäuschung nicht verbergen, auch Tränen fließen. Sie sind traurig, dass ihr "Blinky" schließt. Für sie war es wie ihre gute Stube.
Mitte November wird der Betrieb eingestellt, denn bis zum Jahresende muss alles raus sein. Die Einrichtung und die unzähligen angesammelten Erinnerungsstücke werden allerdings eingelagert. Denn so ganz hat Jasmin Czichon die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Sie möchte dem Blinkfeuer gerne andernorts eine Zukunft geben.
Ich würde das Blinkfeuer gerne originalgetreu wiederaufbauen, so wie es ist. Die Sachen so hinhängen, dass alles wieder wird wie es mal war. Ich möchte kein neues eröffnen, sondern das alte, traditionelle wiederaufbauen.
Jasmin Czichon, Blinkfeuer-Erbin
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Das Wochenende aus Bremerhaven, 15. Oktober 2023, 10 Uhr