Hintergrund
Diese Probleme plagen die Bremer Discomeile seit Jahren
Die Discomeile am Hauptbahnhof ist immer noch ein wichtiger Ort in Bremen, um in Clubs zu gehen. Aber schon seit über 20 Jahren ist auch die Polizei dort Dauergast. Ein Rückblick.
Nicht ganz fünf Minuten liegt sie vom Hauptbahnhof entfernt: Bremens Discomeile. Heute sind damit vor allem das "La Viva", der "Shagall Klub", der "2RaumClub" und ein paar Bars entlang der Rembertistraße gemeint. Auch der "Tower" gehört noch dazu, wobei dort vor allem Konzerte gespielt und weniger Partys gefeiert werden.
Das "La Viva" feiert in diesem Jahr seinen 21. Geburtstag. Springt man zurück in sein Gründungsjahr, sind noch mehr Diskotheken auf der Meile zuhause: Die wohl bekannteste ist das "Stubu", an einem Ende oder eben Anfang der Meile gelegen. Es ist der Ort, um zu Feiern und ein absoluter Publikumsmagnet.
Party und Kriminalität gehören zusammen
Anfang der 2000er Jahre floriert Bremens Meile. Allerdings häufen sich die Schlagzeilen über Kriminalität. Dabei geht es meist um Körperverletzungs- und Drogendelikte. Vor allem der Publikumsmagnet "Stubu" ist Schauplatz. Im Sommer 2006 kommt es dort zu einer Razzia eines Spezialkommandos der Polizei mit über 500 Beamten. Im ersten Halbjahr 2006 verbuchte die Polizei bereits mehr als 100 Straftaten in oder im unmittelbaren Umfeld der Diskothek. "Die Anzahl der Straftaten ist ein klares Indiz für das Gefährdungspotential", sagt Eckard Mordhost, damaliger Polizeipräsident, zu buten un binnen im August 2006.
Lange Historie von Straftaten auf der Diskomeile
Auch der Rest der Meile findet immer wieder den Weg in die Schlagzeilen: schwere Körperverletzung, Mord, Totschlag und Vergewaltigungen. Die Mitte der 2000er Jahre bilden einen traurigen Höhepunkt.
Im Mai 2002 wird ein Bremer Student beim Feiern von Neonazis ohne erkennbaren Grund zusammengeschlagen. Im August 2003 attackiert ein 22-Jähriger einen 16-Jährigen mit einem Messer. Der 16-Jährige überlebt knapp. Im Oktober desselben Jahres wird ein 24-Jähriger auf der Diskomeile niedergestochen und stirbt an seinen Verletzungen. Im Dezember 2003 sticht eine 18-Jährige auf zwei etwa gleichalte Frauen ein. Beide müssen notoperiert werden, überleben aber. Im Juni 2005 wird eine junge Frau nach dem Besuch auf der Meile vergewaltigt, im November 2005 stirbt ein 19-Jähriger durch mehrere Messerstiche.
Im Januar 2006 kommt es zu einer Schießerei vor dem "Beat Club" – heute ist dort der "2RaumClub". Insgesamt sieben Menschen werden dabei verletzt, fünf von ihnen schwer. Ursache dafür soll ein Streit unter Türsteher-Gruppen gewesen sein.
"Abends sind hier mehrere Tausend Personen unterschiedlicher Abstammung und aus verschiedenen sozialen Schichten unterwegs", sagt Bülent Ünal, Geschäftsführer des "La Vivas", zu buten un binnen im Januar 2006. Durch diese unterschiedlichen Gruppierungen komme es auf der Meile immer wieder zu Konflikten. "Nur die Stärke dieser Auseinandersetzungen kann man aber nicht mehr normal nennen", fügt er damals hinzu.
Polizei und Stadt reagieren
Die Konsequenz dieser Chronik folgt im Jahr 2008: Die Bremer Diskomeile wird zur Waffenverbotszone. Den blutigen Konflikten vor und in den Diskotheken soll damit ein Ende bereitet werden. Aber die Diskomeile bleibt ein Brennpunkt. Auch Messerstechereien sind weiterhin Teil der Partystraße. Das blaue Licht der Einsatzwagen gehört zur Meile, wie die Leuchtschilder der Clubs.
Im Jahr 2018 wird die Diskomeile umgebaut, für etwa 3,3 Millionen Euro. Der Weg soll breiter werden und damit buchstäblich mehr Platz sein, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Mehr Platz, mehr Sicherheit – das ist der Plan des Verkehrsressorts.
Das neue Pflaster wird passend zur Partymeile im Stil von Musikpegeln gestaltet – weiß und rot für Fußgänger und Fahrradfahrer. Der Umbau ist für einige Menschen, die dort Arbeiten etwas missglückt. Denn der Fußgängerstreifen breitet sich in Richtung "Stubu"-Gebäude aus. "Die meinen, dass sie hier viel ausgeben und investiert haben, für einen sehr breiten Fahrradweg und einen Fußweg, auf dem nur zwei Menschen nebeneinander gehen können", findet Serdar Demir, Kioskverkäufer an der Rembertistraße. Das sei komisch, schließlich brauche eine Partymeile vor allem einen breiten Weg für Fußgänger, über die gesamte Länge der Straße anstatt eines Radwegs.
Ein mulmiges Gefühl bleibt
Egal, wie breit der Weg ist, bei vielen jungen Menschen bleibt ein mulmiges Gefühl bei den Clubs an der Rembertistraße. "Alleine würde ich mich nicht hier lang trauen, lieber in Begleitung", sagt eine junge Frau, die mit Freunden auf dem Weg ins "La Viva" ist. Für Frauen sei es hier nicht so sicher.
Aber auch junge Männer fühlen sich hier nicht immer wohl. "Manchmal ist es schon ein bisschen beängstigend, man ist ja dann doch mal ein bisschen angetrunken, dann weiß man nicht immer genau, was um eine herum passiert", sagt ein Mann Anfang 20.
Vor allem die Nähe zum Bahnhof und die Drogenabhängigen seien das Problem. Das Drogenverbot dort schiebe die Dealer und Abhängigen in Richtung Partymeile. "Das Klientel hier ist über die Jahre immer schlechter geworden, wenn ich eine Frau wäre würde ich mich hier auch nicht alleine entlang trauen", sagt der Kioskverkäufer Serdar Demir.
Er findet es schade, wie es um die Diskomeile steht und wie sie sich entwickelt. "Hier machen ja keine neuen Clubs mehr auf. Und wenn es jemand versucht, machen es die Ämter und Behörden schwierig", fügt Demir hinzu. Das aktuellste Beispiel sei das "Truth". Der jüngste Club an der Rembertistraße. Geplant war die Öffnung bereits Ende 2023. Die Türen sind immer noch zu.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. August 2024, 19:30 Uhr