Darum geht der Brief eines Bremer 4-Jährigen gerade viral
Ein Radfahrer hatte den Jungen angefahren und fuhr einfach weiter. Darauf schrieb der Junge einen Brief an den Unfallverursacher und erhält dafür in den sozialen Netzwerken viel Zuspruch.
Eine Szene, wie sie wohl viele kennen: Ein kleiner Junge steht mit seinem Vater und seinen Geschwistern an einer Ampel in der Bremer Innenstadt. Sie sind mit ihren Fahrrädern auf dem Weg zum Bäcker.
Doch als die Ampel am Friedenstunnel grün wird, passiert etwas, das den vierjährigen Kalle fassungslos macht: Als der Junge losfährt, übersieht ein anderer Radfahrer die rote Ampel. Kalle schreit, der Radfahrer kann aber nicht mehr richtig bremsen und fährt in Kalles Fahrrad rein. Mit voller Wucht trifft er das Vorderrad, der Junge fällt hin und fängt an zu weinen. Doch anstatt anzuhalten und dem Kind zu helfen, fährt der Radfahrer weiter.
"Das lernen wir in der Kita"
Das kann Kalle nicht verstehen, seine Eltern versichern ihm, dass er nichts falsch gemacht hat – und da entscheidet er, einen Brief an den Unfallverursacher zu schreiben. Gemeinsam mit seiner Mutter Nuria Fischer verfasst er ihn und erklärt dem Radfahrer seine Gefühle.
In seinem Brief erzählt Kalle dem Radfahrer, dass ihm der Unfall wehgetan hat und wie gemein er die Fahrerflucht findet. Und er gibt dem Radfahrer einen Rat, den er selbst in der Kita gelernt hat.
In der Kita lernen wir, dass wir aufeinander achten. Wenn wir jemandem wehtun, dann ist das Wichtigste zu fragen, wie es dem Menschen geht. Ich finde, du solltest kein Fahrrad und kein Auto mehr fahren, wenn du noch nicht gelernt hast, wie man sich benimmt.
Kalle in seinem Brief
Viel Unterstützung auf Instagram
Kalles Mutter teilte den Brief auf ihrem Instagram-Account – und scheint damit vielen Bremern und Bremerinnen aus dem Herzen zu sprechen: Mehr als 100 Kommentare haben sich inzwischen angesammelt, häufig wurde der Post geteilt. "Mir laufen die Tränen vor Wut! Wie kann man nur so rücksichtslos sein!!! Unfassbar...", schreibt zum Beispiel eine Userin.
Es geht uns um Rücksicht, dass niemand durch die Straßen fährt als ob sie ihm gehören und alle anderen sollen Platz machen und nicht nerven, sondern das wir nur sicher von A nach B kommen, wenn wir aufeinander Rücksicht nehmen.
Nuria Fischer, Mutter von Kalle
Nuria Fischer und Kalle hoffen, durch den Brief vielleicht den flüchtigen Radfahrer zu finden. Sie glaubt, dass der Druck durch den Brief und auch durch die Öffentlichkeit ziemlich hoch ist. Außerdem will die Familie Anzeige gegen den Unfallverursacher erstatten. Ihr Glück: Mitarbeiter eines nahe gelegenen Fahrradgeschäfts haben den Unfall beobachtet und können ihn bezeugen.
Der Brief von Kalle in voller Länge:
Hallo Fahrradfahrer,
Kalle in seinem Brief an den Radfahrer
du hast mich heute morgen am 30. September um 10 Uhr angefahren. Du bist viel zu schnell durch den Friedenstunnel mit dem Fahrrad gedüst. Ich war mit meinem Papa und meinen zwei Geschwistern Brötchen holen und bin über die grüne Ampel mit meinem Fahrrad gefahren.
Weil du so schnell warst, konntest du nicht mehr bremsen und hast versucht auszuweichen. Dabei hast du meinen Vorderreifen mit deinem Reifen getroffen und verdreht. Mit deinem Lenker hast du meinen Helm, meine Stirn und meine Nase getroffen. Daraufhin bin ich umgefallen. Du bist einfach weiter gefahren und hast nicht zurück geguckt, wie es mir geht.
So geht man nicht mit Menschen um. Nicht nur, dass du die Verkehrsregeln gebrochen hast, indem du zu schnell und über Rot gefahren bist. Das Schlimmste ist, dass du Fahrerflucht begangen hast.
In der Kita lernen wir, dass wir aufeinander achten. Wenn wir jemandem wehtun, dann ist das Wichtigste zu fragen, wie es dem Menschen geht. Ich finde, du solltest kein Fahrrad und kein Auto mehr fahren, wenn du noch nicht gelernt hast, wie man sich benimmt.
Ich warte auf eine Entschuldigung und, dass du mein Fahrrad reparierst.
Kalle, 4 Jahre
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Oktober 2023, 19:30 Uhr