Interview
Wie Gröpelingen sich an die Folgen des Klimawandels anpassen kann
Extremwetter werden häufiger und sorgen besonders in eng bebauten Gebieten für Probleme. Klimareferent Marius Wittman erklärt, wie Bremen gegensteuern kann.
Versiegelte Flächen, dichte Bebauung – so sieht ein Großteil von Bremen-Gröpelingen aus. Gerade bei Starkregen und Hitze wird das zum Problem und beeinträchtigt die Lebensqualität der Menschen. Bremens Referat für Klimaanpassung hat deshalb in einer Studie untersucht, wie sich Gröpelingen auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten kann. Mitarbeiter Marius Wittmann erklärt, wie schon kleine Maßnahmen die Situation verbessern können.
Herr Wittmann, was ist das Problem in Gröpelingen?
Die höchst verdichteten Teile Gröpelingens sind eng bebaut, alles versiegelt, kein Grün – das sind die Elemente, auf die wir in der Potenzialstudie Klimaanpassung geschaut haben. Denn das sind die wichtigen Faktoren, die im Kontext der Klimaanpassung verbessert werden müssen – wenn wir uns den Stadtraum anschauen.
Denn hochgradig versiegelte Räume neigen dazu zu überhitzen, bei extremen Hitzebelastungen, an Sommertagen und in Hitzenächten. Und genau das wirkt sich auf die Gesundheit und die Menschen hier im Stadtteil aus. Diesen Aspekt gilt es herauszuarbeiten und Lösungsmaßnahmen zu konzipieren im Rahmen der Klimaanpassung für den Stadtteil.
Die Häuser stehen ja, wie sie stehen. Welche Möglichkeiten gibt es da überhaupt?
Genau das ist tatsächlich die große Aufgabe. Wie kriegt man so einen höchst verdichteten Raum aufgebrochen, entsiegelt und begrünt? Man muss sich zum einen die Privatgrundstücke anschauen. Vielleicht geht etwas in Richtung Fassadenbegrünung, Dachbegrünung, generell die Gebäudehülle mit Verschattungselementen klimafit und hitzeresistent zu machen.
Der andere Blick geht natürlich auf die Bürgersteige und den Straßenraum, man kann den Straßenraum entsiegeln. Eine Teilentsiegelung wäre zum Beispiel interessant, sodass man die Parkplatzflächen mit Rasengittersteinen belegt, dass das Wasser versickern kann, auch kleine Grünfläche entstehen können, sodass generell mehr Kühlung in dem Raum entsteht.
Die Bürgersteige könnten tendenziell erweitert werden um einen Grünzug, zum Beispiel entlang der Straße, um Baumpflanzungen zu ermöglichen. So ein enger Raum wie hier ist paradigmatisch für die urbane Klimaanpassung. Hier liegen ganz viele Anforderungen auf engstem Raum zusammen, hier gilt es, ausgewogene Lösungen zu finden. Auch mit den Anwohnenden zusammen, wie kann man vielleicht hier und da entsiegeln – ohne die Lebensqualität der Anwohner einzuschränken.
Warum sind so vergleichsweise kleine Maßnahmen wichtig?
Wir befassen uns mit der Klimaanpassung, mit den Wirkungen und Folgen des Klimawandels. Es ist absehbar, dass die Temperaturen weiter steigen und damit einhergehend die Extremwettersituationen auch auf uns in Bremen zukommen werden. Diese urbanen Räume, diese höchst verdichteten Räume, sind besonders anfällig. Deswegen ist es total wichtig, jetzt schon Maßnahmen zu treffen, um die späteren Hitze- und Extremsituationen abfedern zu können.
Wir machen also Klimaanpassung, damit die Stadt lebenswert bleibt?
Genau. Beispiel Starkregen: Diese versiegelten Flächen hier sind nicht fähig, die Massen an Regenwasser abzuleiten, die uns perspektivisch erwarten. Es ist anzunehmen, dass auch jetzt schon hier kleine Überflutungsmöglichkeiten bestehen, aufgrund der Normierung der Kanalisation, aber auch des Oberflächenabflusses, der dann in die Kanalisation fließt.
Was meint Klimaanpassung in Abgrenzung zu Klimaschutz? Oder ist sie ein Teil davon?
Es wird oft so gehandhabt, dass Klimaanpassung ein Teil des Klimaschutzes ist. Aber eigentlich reagiert Klimaanpassung darauf. Wir befassen uns mit den Wirkungen, die aus dem Klimawandel resultieren. Guter Klimaschutz macht Klimaanpassung nicht notwendig. Aber da absehbar ist, dass die Klimakrise stark wirken wird, ist es wichtig, jetzt Klimaanpassung zu betreiben. Das heißt sich bewusst zu werden, welche Extremwettersituationen uns in Zukunft hier in Bremen betreffen.
Wir haben die Stadtklimaanalyse, die stadtweit guckt, welche Betroffenheiten wo zu finden sind. Mit der Potenzialstudie Klimaanpassung zoomen wir rein in die Nachbarschaften und schauen uns die Daten, Analysen und Prognosen an. Wir arbeiten heraus, wie wir Maßnahmen auf den Weg bringen, die lokale Bevölkerung zu unterstützen bei diesem Prozess.
Und damit haben Sie jetzt in Gröpelingen angefangen?
Gröpelingen ist aus mehreren Gründen für uns interessant. Vor allen Dinge, weil es hier eine große Einwohnerdichte gibt, mit einer interessanten Bebauungsstruktur. Vor allem die Faktoren der Versiegelung führen halt dazu, dass man hier hohe Hitzebelastungen zu erwarten hat. Entsprechend ist auch die Betroffenheit der Bevölkerung hier eher höher, weil hier viele Menschen auf einem engen Raum zusammenleben. Das ist für uns in der Klimaanpassung wichtig, dass wir lebenswerte Räume für alle Menschen in Bremen gestalten.
Warum hat diese Studie Pilotcharakter?
Klimathemen werden zunehmend wichtig für den Städtebau, für den Stadtumbau, für die Stadtentwicklung. Mit der Potenzialstudie betreten wir sozusagen Neuland, indem wir die Themen der Klimaanpassung runterbrechen auf Quartiers-Niveau und gleichzeitig Maßnahmen für den Umbau empfehlen. Und es sind Fördermittel hinterlegt für den tatsächlichen Umbau. Das heißt die Projekte und Maßnahmen, Empfehlungen, die aus der Studie herauskommen, werden im nächsten Schritt in den kommenden Jahren auch angegangen und umgesetzt.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 3. März 2024, 19:30 Uhr