Interview

Bremer Abgeordneter Röwekamp: "Müssen eine europäische Antwort finden"

"Bedeutet mir viel": Bremer Politiker Röwekamp soll Verteidigungsausschuss führen

Bild: Radio Bremen

Der CDU-Politiker Thomas Röwekamp soll Vorsitzender des Verteidigungsausschusses werden. Bei buten un binnen erklärt er, wie er die deutsche Verteidigungspolitik mitgestalten will.

Herr Röwekamp, was bedeutet Ihnen die Wahl zum Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses?

Das bedeutet mir sehr viel. Ich bin erst die zweite Legislaturperiode im Deutschen Bundestag, deswegen ehrt mich das Vertrauen, das meine Fraktion in mich setzt. Ich habe auch schon Zuspruch aus den anderen demokratischen Fraktionen bekommen. Das ist eine große Verantwortung, aber ich freue mich auf die kollegiale Zusammenarbeit.

Sie waren ja schon im Verteidigungsausschuss, wie fit sind sie in der Verteidigungspolitik?

Mit den Themen bin ich vertraut. Als ich in den Verteidigungsausschuss kam, gab es weder den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine noch gab es die Eskalation im Gaza-Streifen. Das sind alles Themen, die sind in dieser Legislaturperiode entstanden. Insofern bin ich in den aktuellen Themen relativ gut aufgestellt.

Was kommt als Vorsitzender an Aufgaben auf Sie zu?

Zunächst einmal eine andere Rolle. Der Vorsitzende repräsentiert den gesamten Ausschuss – und zwar in zweierlei Hinsicht: zum einen nach außen und zum anderen natürlich auch gegenüber der Bundesregierung. Etwa was Berichtspflichten, was Informationen und Beratungsgegenstände betrifft.

Ihr Vorgänger war Marcus Faber, davor war es Marie-Agnes Strack-Zimmermann (beide FDP). Sie hat die Rolle extrem ausgefüllt, war in vielen Talkshows, hat sich oft zu Wort gemeldet. Wie wollen Sie es angehen?

Mein Kernanliegen ist, dass wir nicht nur über Geld für Beschaffung bei der Bundeswehr reden, sondern über Fähigkeiten. Was muss die Bundeswehr eigentlich in Anbetracht der Weltlage in unserem Bündnis, in Europa und der NATO für Fähigkeiten haben? Wie wollen wir uns einbringen? Die Wahrscheinlichkeit, dass Belgien, die Schweiz oder Dänemark uns kriegerisch überfallen, ist relativ überschaubar. Das heißt, wir reden auch über Bündnisfähigkeit. Was mir aber ganz wichtig ist: Die Zeitenwende bedeutet für mich eben auch eine andere Einstellung der Gesellschaft gegenüber diesen Sicherheitsthemen – und auch gegenüber ihrer eigenen Rolle.

Glauben Sie, dass das in der Gesellschaft immer noch nicht so richtig angekommen ist?

Ich fürchte, dass wir da noch ganz viel tun müssen, weil wir mindestens aus einer Dekade, wenn nicht gar aus einer Generation kommen, in der Krieg und Frieden eigentlich in der täglichen Debatte gar keine Rolle gespielt hat.

Die Menschen haben an den ewigen Frieden geglaubt, an die Stabilität und die Sicherheit. Jetzt müssen wir eben vermitteln, dass das nichts ist, was erstens garantiert ist. Und zweitens auch nichts, was immer andere nur für einen organisieren. Das heißt, wir müssen auch dafür sorgen, dass Bundeswehr und Gesellschaft sich wieder enger miteinander verzahnen. Dass die Menschen verstehen, was die Bundeswehr für einen Auftrag hat – und dass sie vielleicht auch bereit sind, sich für diese gemeinsame Aufgabe stärker zu engagieren als das bisher der Fall war.

In Istanbul hat es zwischen Russland und der Ukraine Verhandlungen gegeben. Welche Position soll Deutschland in diesem Konflikt einnehmen?

Ich bin sehr froh, dass wir in der demokratischen Mitte auch dabei eine gemeinsame Position haben. Nämlich: die Ukraine so lange in ihrem Verteidigungskampf zu unterstützen, wie es erforderlich ist – und auch so umfangreich, wie es notwendig ist. Ich bin niemand, der – vielleicht auch anders als meine Vorgänger – öffentlich über Waffensysteme streitet.

Wie stehen Sie zu Taurus-Lieferungen?

Wir schließen nichts aus. Aber ich bin nicht dafür, dass wir in diesem öffentlichen Überbietungswettbewerb eintreten. Wir brauchen auch in dieser Frage den Schulterschluss mit unseren europäischen Nachbarn. Ich finde das sehr gut, dass Friedrich Merz zuerst nach Frankreich und nach Polen gereist ist und auch mit Großbritannien einen engen Draht gesucht hat. Wir müssen eine gemeinsame europäische Antwort finden und nicht so sehr über öffentliche Systeme streiten.

Fest steht aber auch: Das ist ein Krieg, an dem wir uns mit deutschen Soldaten und Soldaten nicht beteiligen wollen. Das ist auch unser Konsens. Aber wir wollen natürlich auch das liefern, was der Ukraine ermöglicht, sich gegen diesen Angriff zu verteidigen. Das kann man auch, ohne Kriegspartei zu werden.

Es wird erneut über die Höhe des Prozentziels der Verteidigungsausgaben diskutiert. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat gesagt: Fünf Prozent wären notwendig. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat das relativiert. Wo stehen sie?

Ich bin dafür, dass wir über Fähigkeiten reden. Wir werden im nächsten Monat im Rahmen der NATO miteinander besprechen, welches Mitgliedsland welche Fähigkeiten in die gemeinsame Verteidigung einbringen soll. Denn eines steht ja auch fest: Wir könnten uns gegen einen russischen Angriffskrieg als Deutschland gar nicht allein verteidigen, sondern sind auf das Bündnis angewiesen.

Das Bündnis braucht unsere Beteiligung. Deswegen rede ich nicht über Geld, sondern über die Frage: Wie viele Soldatinnen und Soldaten fordert die NATO von uns? Welche Waffensysteme und welche Fähigkeiten fordern Sie von uns? Das wird am Ende Geld kosten und deswegen bin ich froh, dass wir während der letzten Periode diesen Beschluss gefasst haben. Aber: Ich rede nicht abstrakt über Geld, sondern über Fähigkeiten.

(Das Interview führte Felix Krömer für buten un binnen TV. Das Gespräch aufgeschrieben und redigiert hat Jean-Pierre Fellmer.)

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Autor

  • Felix Krömer
    Felix Krömer

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 16. Mai 2025, 19:30 Uhr