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Darauf sollten Sie achten, wenn Zivilcourage gefragt ist

Ein Teenager drückt einen kleineren Jungen gewaltsam gegen eine Wand.

Darauf sollten Sie achten, wenn Zivilcourage gefragt ist

Bild: dpa | imagebroker/Siegfried Kuttig

Hinsehen statt wegschauen – das ist Zivilcourage. Heute am bundesweiten Tag der Zivilcourage erklären Bremer Experten, wie Sie auch in gefährlichen Situationen richtig handeln.

Wann ist Zivilcourage gefragt?

"Zivilcourage wird einerseits nötig, wenn man wahrnimmt, dass eine Person in der Öffentlichkeit belästigt, bedrängt oder zum Opfer von Gewalt wird", sagt Jürgen Osmers vom Weissen Ring Bremen. Auch in Fällen von häuslicher Gewalt sei Zivilcourage gefragt. "Andererseits hören manchmal auch Nachbarn Geräusche oder Hilfeschreie und melden das dann nicht, vielleicht, weil es unangenehm werden könnte in der Nachbarschaft", sagt er. "Man sollte aber Betroffene ansprechen und falls sich eine Gefahrensituation anbahnt, sofort die Polizei einschalten."

Maike Seifert vom Präventionszentrum der Polizei Bremen weist darauf hin, dass Zivilcourage zu leisten auch gesetzlich geboten ist: "Zivilcourage ist nicht nur gefragt, sie ist auch verpflichtend. Dafür haben wir den Paragraphen zur unterlassenen Hilfeleistung", sagt sie.

Auf was muss ich achten, wenn ich Zivilcourage leiste?

Sowohl Seifert als auch Osmers betonen, dass man sich nicht in Gefahr bringen sollte. In gefährlichen Situationen raten beide, die Polizei einzuschalten. In Situationen, in denen es nicht oder noch nicht zur körperlichen Gewalt gekommen ist, könnten sich Umstehende hingegen direkt einmischen. "In vielen Situationen, wo noch nicht so viel passiert ist, kann man den Täter mit einer Frage ablenken oder das Opfer aus der Situation rausholen", sagt Seifert.

Jürgen Osmers vom Weißen Ring in Bremen lächelt in die Kamera.
Jürgen Osmers vom Weissen Ring Bremen weiß, worauf Bremerinnen und Bremer bei Zivilcourage achten sollten. Bild: Privat

Osmers stimmt dem zu und rät dazu, den Täter zu siezen, um Distanz herzustellen: "Es geht darum, ihn nicht zu provozieren, sondern möglichst zu veranlassen, seine aggressiven Handlungen einzustellen." Wenn man sich in eine solche Situation begibt, sollte man aber andere Personen als Helfer mitnehmen: "Alleine in Konflikte zu gehen ist immer eine riskante Sache", sagt Seifert. "Man kann auch andere mit einbeziehen und zum Beispiel sagen: Sie da in der blauen Jacke, rufen Sie die Polizei", sagt Osmers.

Was kann ich noch tun, um Zivilcourage zu zeigen?

Bei Zivilcourage geht es auch darum, der betroffenen Person im Anschluss zu helfen: "Wenn eine Situation beendet ist, sollte man Betroffenen emotionalen Zuspruch leisten, um ihnen beizustehen und Erste Hilfe leisten, falls eine Person verletzt ist." Auch sollte man sich der Polizei als Zeuge zur Verfügung stellen. "Deswegen sollte man sich Details einprägen anhand derer man jemanden identifizieren könnte", sagt er. Außerdem könne sich jeder schon vor einer brenzligen Situation mit Zivilcourage auseinandersetzen, um richtig zu handeln, falls es nötig wird. "Man kann Zivilcourage erlernen", sagt er.

Maike Seifert von der Polizei Bremen lächelt in die Kamera.
Maike Seifert arbeitet beim Präventionszentrum der Polizei Bremen. Bild: Polizei Bremen

Was sollte ich nicht tun?

Das Präventionszentrum der Polizei rät dazu, sich nicht mit Waffen zur Wehr zu setzen. "Wenn ich mein Pfefferspray ziehe, greift der Andere vielleicht zum Messer. Besser ist es, den Täter durch einen lauten Schrei oder einen Schrillalarm zu vertreiben", sagt Seifert. Ein Schrillalarm ist ein kleines Gerät, welches in der Tasche mitgeführt werden kann und auf Knopfdruck einen lauten, schrillen Ton von sich gibt, der Täter verwirren und Aufmerksamkeit auf die Situation ziehen kann.

Stimmt es, dass immer seltener Hilfe geleistet wird?

"Viele denken immer, dass die Menschen nicht helfen wollen, aber meistens sind die anderen einfach nur überfordert und wissen nicht, wie sie helfen sollen", sagt Seifert. "In meiner Wahrnehmung ist es aber nicht so, dass die Menschen einander nicht helfen wollen." Auch Osmers kennt das Problem mit der unterlassenen Hilfeleistung: "Wenn viele Personen zugegen sind, gibt es den Impuls, sich eher auf andere zu verlassen oder man hilft nicht aus persönlicher Unsicherheit heraus."

Dieser Artikel wurde bereits am 7. September 2024 veröffentlicht und jetzt aktualisiert.

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Autor

  • Lukas Scharfenberger

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 19. September 2024, 7:40 Uhr