Interview
Bremer Ingenieurin erklärt, warum wir im Kreislauf wirtschaften müssen
Die Ressourcen unserer Erde sind begrenzt. Deswegen müssen wir wertvolle Rohstoffe aus Abfällen zurückgewinnen. Langfristig haben wir gar keine andere Wahl, sagt Silke Eckardt.
Die Mülltrennung ist in Deutschland Pflicht, schon in der Grundschule lernen Kinder, was Recycling ist. Der Begriff Kreislaufwirtschaft ist weniger geläufig – hinter ihm steckt jedoch die Zukunft unserer Rohstoffnutzung. Das sagt Prof. Silke Eckardt von der Hochschule Bremen. Warum wir auf Kreislaufwirtschaft setzen müssen, erklärt sie im Interview.
Frau Eckardt, was steckt hinter dem Begriff Kreislaufwirtschaft überhaupt?
Kreislauf bedeutet, etwas im Kreis zu führen. Darum geht es bei der Kreislaufwirtschaft: Wir wollen Rohstoffe im Kreis führen. Bei der Kreislaufwirtschaft denkt man darüber nach, wie Produkte beschaffen sind: Ob sie langlebig, recyclebar und reparierbar sind. Das Produkt geht zum Nutzer und vom Nutzer ins Abfallsammelsystem und in die Sortieranlage. Was dort hinten raus kommt, nennen wir Sekundär-Rohstoff. Der wird dann eingesetzt, um ein neues Produkt zu erzeugen.
Welche Rolle spielt Kreislaufwirtschaft jetzt und in der Zukunft?
Wir tun ja so, als ob wir drei Erden hätten – oder sogar noch mehr. Uns ist die Endlichkeit von Rohstoffen gar nicht bewusst. Kreislaufwirtschaft setzt genau da an: Das sind wertvolle Rohstoffe, die müssen wir wieder zurückführen. Damit schonen wir auch unsere Erde, denn irgendwo müssen diese Rohstoffe ja gefördert werden. Da leiden Menschen, Natur und Tiere drunter. Zudem haben wir in Deutschland und Europa kaum Rohstoffe, um etwa Windenergieanlagen zu produzieren. Diese Rohstoffe müssen wir importieren. Dadurch sind wir bei den Rohstoffen genauso abhängig von den Importen wie wir es beim Erdöl und bei der Kohle sind.
Sind die Produkte aus der Kreislaufwirtschaft aufwendiger oder teurer zu produzieren und werden deshalb auch oft noch konventionelle Produkte genutzt?
Wir können an allen Stellen im Kreislauf ansetzen. Wir müssen Produkte so planen und konzipieren, dass sie lange leben – und wir sie überhaupt lange brauchen. Dann benötigen wir auch weniger Rohstoffe. Sie müssen auch reparierbar sein.
... aber die Industrie hat bei der Reparierbarkeit genau das Gegenteil gemacht. Es wurden ja Produkte sogar so konzipiert, dass sie irgendwann kaputt gehen, damit man sich ein neues kauft. Nun hat die EU ein Recht auf Reparatur erlassen und Produkte sollen auch langlebiger sein. Reicht das schon an politischen Maßnahmen?
Nein, das reicht nicht – das ist nur der erste Schritt. Im nächsten geht es um uns Nutzer. Wir müssen die Rohstoffe auch zurückbringen, wo sie wiederverwertet werden können. Also mal in die Schublade gucken: Was liegt da an Smartphones oder anderen Elektronikgeräten, und die dann auch zum Recyclinghof bringen, damit die wertvollen Rohstoffe auch wieder genutzt werden können. Dann geht der Kreislauf weiter: Die Abfälle müssen gut sortiert und aufbereitet werden. Da ist die Abfallwirtschaft schon sehr weit.
Und ist die Industrie auch schon so weit?
Ich glaube, die Industrie wird irgendwann so weit sein müssen, weil sie die Rohstoffe sonst gar nicht mehr bekommt. Irgendwann ist sie angewiesen auf die Sekundär-Rohstoffe. Die Frage, die sich stellt: Was brauchen wir, bis wir das verstehen?
Jean-Pierre Fellmer hat das Interview aus der Sendung ins Schriftliche übertragen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. März 2024, 19.30 Uhr