5 interessante Ergebnis-Fakten aus dem kuriosen Bremer Wahlkreis 55

Luftbild der Bremerhavener Hafenwelten und Innenstadt.
Zum Wahlkreis 55 gehören neben einigen Bremer Stadtteilen ganz Bremerhaven. Bild: dpa | Ingo Wagner

Zum Wahlkreis 55 gehören Bremerhaven und die Hälfte der Stadt Bremen. Eine Herausforderung für die Kandidaten. Die Abstimmung offenbarte Unterschiede – aber auch Gemeinsamkeiten.

Es ist eine kuriose Konstellation: Einer der beiden Wahlkreise im Bundesland Bremen, der 55er, umfasst die acht Bremerhavener und elf Stadtteile der Stadt Bremen. Positiv formuliert, bilden sie eine vielfältige politische Landschaft – deren Vielfalt sich auch im Wahlergebnis abbildet. Deutlich fiel insgesamt das Votum für den Direktkandidaten aus.

1 Direktkandidat verteidigt SPD-Hochburg mit Abstand

Seit 1949 ist der Wahlkreis fest in der Hand der Sozialdemokraten. Diesmal schickte sich CDU-Direktkandidatin Wiebke Winter an, SPD-Mann Uwe Schmidt den Wahlsieg streitig zu machen. Die in Walle und Bremen-Nord aufgewachsene Politikerin zeigte im Wahlkampf als Mitgründerin der Klimaunion, Mitglied des CDU-Bundesvorstands und in den sozialen Medien viel Präsenz. Am Ende brachte es wenig, sie verlor mit großem Abstand: Im Wahlkreis 55 holte Winter insgesamt 20,07 Prozent der Erststimmen, ein Verlust von 4,9 Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl 2017. Ihr landesweit bestes Ergebnis waren 42,23 Prozent im Blockland, Bestwert in Bremerhaven: 22,95 Prozent im Stadtteil Schiffdorferdamm.

Der Politiker und Hafenfacharbeiter Uwe Schmidt kam im Wahlkreis 55 insgesamt auf 36,95 Prozent und zieht souverän in den Bundestag ein. Der Bremerhavener konnte 2,98 Prozentpunkte bei den Erststimmen zulegen. Schmidt konnte dabei offenbar auch bei Nicht-SPD-Wählern punkten, erhielt er doch durchweg mehr Erststimmen als seine Partei Zweitstimmen. Am besten lief es für ihn in Surheide, Wulsdorf und Geestemünde mit jeweils über 40 Prozent sowie in Gröpelingen, Woltmershausen und Blumenthal mit jeweils um die 40 Prozent. Sein übergreifend schwächster Stadtteil war das Blockland mit 19,87 Prozent.

2 SPD schlägt CDU auch bei Zweitstimmen deutlich

Die SPD konnte in dem übergreifenden Wahlkreis 55 bei den Zweitstimmen 34,84 Prozent erreichen und dabei 5,23 Prozentpunkte gegenüber der letzten Wahl 2017 zulegen. Die CDU kam auf 16,90 Prozent (minus 7,05 Prozentpunkte). In dem Wahlkreis liegen viele durch Werften und Häfen geprägte Gebiete – das Arbeitermilieu ist traditionell ein Heimspiel für die SPD. Ihr bestes Ergebnis holten die Sozialdemokraten in Bremerhaven in Surheide mit 43,16 Prozent, gefolgt von 39,53 Prozent in Bremen in Gröpelingen.

3 Grüne bestätigen Bundestrend im Wahlkreis 55

Genau wie bundesweit konnten die Grünen im Wahlkreis 55 zulegen – bei den Erststimmen um 6,89 Prozentpunkte, bei den Zweitstimmen um 7,79 Prozentpunkte. Das Ergebnis in Wahlkreis 55 liegt bei 16,81 Prozent. Das insgesamt beste Ergebnis nach Stadtteilen holte die Partei in Findorff mit 26,08 Prozent der Erststimmen für den Direktkandidaten Michael Labetzke und 30,84 Prozent der Zweitstimmen. Es folgt Walle mit 18,49 Prozent Erststimmenanteil und 22,89 Prozent der Zweitstimmen. Erst danach kommt Bremerhaven-Mitte, mit 18,03 Prozent der Erststimmen Labetzkes stärkster Bremerhavener Stadtteil. Die Zweitstimmen liegen hier bei 19,26 Prozent.

Die wenigsten Erststimmen bekam Labetzke im Bremerhavener Wulsdorf – wo SPD und auch CDU stark sind – und Seehausen – wo Wiebke Winter von der CDU punkten konnte. In dem Bremer Stadtteil hatte es am Wahltag eine Panne gegeben, Wähler erhielten versehentlich Stimmzettel aus dem Wahlkreis 54. Ihre Erststimmen verfielen, die Zweitstimmen zählten. Problematisch wäre dies laut des Wahlleiters nur bei einem knappen Wahlausgang gewesen. Zu bestätigen scheint sich, dass der Wahlkreis 55 – bis auf Findorff und Walle – für die Grünen eher undankbar ist: Die vier für die Grünen stärksten Stadtteile liegen in der Stadt Bremen und gehören zum Wahlkreis 54, sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen. Für den Bundestag reicht es für Labetzke nicht.

4 Kaum Bewegung bei der FDP

Fast gleichbleibend im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 2017 ist das Ergebnis der Freien Demokraten: minus 0,72 Prozentpunke bei den Erststimmen für Direktkandidat Gökhan Akkamis, plus 0,32 Prozentpunkte bei den Zweitstimmen. Insgesamt holt die FDP 8,49 Prozent im Wahlkreis 55. In den Bremer Teilen des Wahlkreises ist die FDP etwas stärker als in den Bremerhavener Gebieten. Dennoch sind auch die Bremer Gebiete des Wahlkreises 55 schwächer als die des Wahlkreises 54.

5 Stadtteile in Bremen und Bremerhaven unterscheiden sich teils stark

Deutlich zeigen sich Unterschiede bei den Ergebnissen in Wahlkreis 55 auch an den Rändern des politischen Spektrums. Zwei seiner drei stärksten Erststimmenergebnisse holte AfD-Direktkandidat Thomas Jürgewitz in Bremerhaven – 15,24 Prozent in Weddewarden und 14,18 Prozent in Leherheide, auf Platz drei folgt Blumenthal in Bremen mit 12,34 Prozent. Die gleiche Reihenfolge ergibt sich bei den Zweitstimmen. Hier liegt das AfD-Spitzenergebnis in Weddewarden bei 16,73 Prozent. Die drei Stadtteile im Land Bremen, in denen die AfD die meisten Erst- und Zweitstimmen einfing, liegen alle im Wahlkreis 55 (Weddewarden, Leherheide und Blumenthal), zwei davon in Bremerhaven.

Die Linke hingegen ist eher ein Bremer Phänomen. Insgesamt kommt die Partei im Wahlkreis 55 auf 6,71 Prozent, ein Verlust von 5,76 Prozentpunkten zu 2017. Die Direktkandidatin der Linken, Doris Achewilm, holte das beste Ergebnis im Wahlkreis in Walle mit 18,49 Prozent der Erststimmen. Der Zweitstimmenanteil der Partei liegt hier bei 10,79 Prozent. Gefolgt von Findorff, wo die Erststimmen bei 12,55 Prozent und die Zweitsimmen bei 10,44 Prozent liegen. In Bremerhaven-Mitte – ihrem stärksten dortigen Stadtteil – erreichte Achewilm bei den Erststimmen 6,88 Prozent, die Zweistimmen liegen dort bei 6,89 Prozent.

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Bild: Radio Bremen

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. September 2021, 19:30 Uhr