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Blitzermarathon auch in Bremen – was bringt das wirklich?

Ein mobiles Blitzgerät der Polizei steht am Straßenrand (Symbolbild)
Ein mobiler Blitzer zur Kontrolle der Geschwindigkeit vorbeifahrender Autos. Was das Blitzen zur Verkehrserziehung beiträgt – dazu gibt es verschiedene Meinungen. Bild: dpa | Matthias Balk

Die Polizei geht diese Woche mit vielen Blitzern gegen Raser vor. Auch Bremen macht mit. Was das bringt, ist strittig. Fest steht aber: Rasen kostet viele Menschen das Leben.

Zu Details hält sich die Polizei Bremen bedeckt. Weder sagt sie, wie viele Polizisten mitmischen, noch wie viele Blitzer sie einsetzt, und schon gar nicht: an welchen Orten. Fest steht nur: Anders als Bremerhaven macht die Stadt Bremen diese Woche bei der europaweiten "Roadpol Speed Week" mit, einem Blitzermarathon, der am heutigen Mittwoch seinen Höhepunkt erreichen soll.

ADAC sieht Beitrag zur Verkehrssicherheit

Die Polizei kündigt an, hierzu mit mobilen Messgeräten an unterschiedlichen Orten Bremens die Geschwindigkeit der Fahrerinnen und Fahrer zu überprüfen und fordert die Menschen dazu auf, sich "nicht nur wegen möglicher Kontrollen, sondern zur Sicherheit aller" an die Geschwindigkeitsregeln zu halten.

Laut ADAC beteiligen sich mit Ausnahme Berlins und Brandenburgs alle Bundesländer an der "Roadpol Speed Week". "Blitzer-Aktionswochen leisten nach Ansicht des ADAC einen Beitrag zur Verkehrssicherheit, da sie den Verkehrsteilnehmenden die Gefahren zu schnellen Fahrens bewusst machen und diese entsprechend sensibilisieren können", teilt der Automobilclub dazu mit.

Studie: Blitzmarathons ohne nachhaltigen Effekt

Mann mittleren Alters mit Glatze und Dreitagebart lächelt für Portrait in Kamera
Stefan Bauernschuster sagt, dass Blitzermarathons Autofahrer allein mit Blick auf ihren Geldbeutel interessieren. Zur nachhalitgen Verkehrserziehung seien sie nicht geeignet. Bild: Stefan Bauernschuster

Doch nicht jeder teilt diese Einschätzung des ADAC. Der Ökonom Stefan Bauernschuster von der Universität Passau und seine Kollegin Ramona Rekers haben die Wirkung von Blitzermarathons über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren untersucht. Der im Jahr 2022 publizierten Studie liegen Daten von 1,5 Millionen Verkehrsunfällen und mehr als 2.400 automatischen Messstationen zugrunde. Das ernüchternde Ergebnis fasst Bauernschuster mit den Worten zusammen: "Das Fahrverhalten der Menschen lässt sich auf diese Weise nicht nachhaltig verändern."

So zeigten seine Ergebnisse, dass zwar während des Blitzermarathons die Zahl der Unfälle deutlich zurückgeht. Doch schon am Tag nach dem Blitzermarathon sei fast wieder alles beim Alten, selbst dann, wenn das Thema noch in den Medien präsent ist. Bauernschuster schließt daraus, dass die Verkehrsteilnehmer während des Blitzmarathons nicht etwa aus Rücksicht langsamer fahren als sonst, sondern weil sie Bußgeldbescheide fürchten.

Es geht nur um die Angst, bestraft zu werden.

Ökonom Stefan Bauernschuster

Kommt die Wirkung von Blitzmarathons mit der Öffentlichkeit?

Der Verkehrsingenieur Dirk Kemper vom Institut für Straßenwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen hält Blitzermarathons dennoch für eine wichtige Maßnahme. Kemper forscht zur Wirksamkeit polizeilicher Verkehrsüberwachung. Er sagt: "Wir haben in Deutschland jedes Jahr fast 3.000 Verkehrstote, viele aufgrund von Unfällen mit überhöhter Geschwindigkeit." Dieser Zusammenhang komme in der öffentlichen Darstellung zu kurz.

Aktionen wie Blitzermarathons könnten neben einer Reihe anderer Schritte dazu beitragen, die Öffentlichkeit für das Thema Verkehrssicherheit zu sensibilisieren. "Es geht nicht darum, viele Raser zu erwischen. Es kommt darauf an, dass die Presse darüber berichtet und erklärt, wie viele Menschen jedes Jahr wegen der Raserei sterben", so Kemper.

Ein Blitzermarathon führe üblicherweise dazu, dass zumindest die Zahl der drastischen Tempoüberschreitungen zeitweise zurückgehe. Schon das sei ein Erfolg. Im Übrigen lasse sich nicht messen, welchen Eindruck ein Blitzermarathon bei einzelnen Fahrerinnen und Fahrern hinterlasse. Kemper kann sich vorstellen, dass derartige Aktionen, wenn sie regelmäßig erfolgen, durchaus zur Disziplinierung von Fahrern beitragen.

Tempolimits schützen vor schweren Unfällen

Unabhängig von ihrer unterschiedlichen Haltung zu Blitzermarathons sind sich Kemper und Bauernschuster einig darin, dass Tempolimits ein wirksames Mittel darstellen, um Unfällen vorzubeugen. Weshalb – das wird auch deutlich mit Blick auf die Seite Runter vom Gas des Bundesverkehrsministeriums: Wie sehr hohe Geschwindigkeiten die Kontrolle eines Fahrzeugs erschweren, veranschaulicht das Ministerium hier anhand der mit wachsender Geschwindigkeit drastisch länger werdenden Anhaltewege (Anhalteweg = Reaktionsweg + Bremsweg).

Wie der Anhalteweg von Autos mit dem Tempo wächst

Brems- und Anhaltewege bei 30, 50, 100, 130 und 150km/h
Quelle: Bundesministerium für Digitales und Verkehr

Viele Tote durch unangepasste Geschwindigkeit

Zudem zitiert das Ministerium Zahlen des Statischen Bundesamts. Hiernach sind 842 der 2.839 Verkehrstoten Deutschlands im Jahr 2023 auch auf "unangepasste Geschwindigkeit" zurückzuführen. Dazu muss man wissen: Von "unangepasster Geschwindigkeit" spricht man nicht nur beim Überschreiten von Tempolimits, sondern etwa auch dann, wenn ein Fahrer seine Fahrtgeschwindigkeiten nicht an Kinder oder hilfsbedürftige Menschen auf den Straßen anpasst. Oder auch dann, wenn er schlechte Witterungsbedingungen wie Regen, Schnee oder Glatteis beim Fahren nicht berücksichtigt.

Neue Maßnahmen gegen Raser: Verkehrsbuckel in Bremer Überseestadt

Bild: Radio Bremen

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Vormittag, 9. April 2025, 10:45 Uhr