Fragen & Antworten
Ewiger Streit um Parkplätze in Bremen – was tut die Koalition?

Bremen streicht seit Jahren Pkw-Parkplätze in innenstadtnahen Vierteln zusammen. Wie die Koalition vorgeht – und welche Alternativen geplant sind.
Mit welchen Problemen muss sich die Koalition in der Parkplatzfrage auseinandersetzen?
Der Streit um ein schlüssiges Verkehrskonzept in Bremen zieht sich seit Jahren hin. Gegenüber stehen sich dabei einerseits die Forderung von auf ein Auto angewiesenen Anwohnern nach ausreichend Pkw-Parkplätzen, andererseits die Forderung von Radfahrern, Fußgängerinnen und Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen nach freien Bürgersteigen.

Hinzu kommen die Forderungen von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Müllabfuhr, die in den Straßen genügend Platz für ihre Fahrzeuge brauchen.
Umstritten ist in Bremen dabei vor allem das "aufgesetzte Parken", bei dem Autos halb auf der Straße, halb auf dem Gehweg stehen. In vielen Vierteln war und ist dies, angesichts fehlender Parkflächen, bis heute ein gängiges Bild. Laut Straßenverkehrsordnung ist es allerdings grundsätzlich verboten. Es sei denn, ein Verkehrsschild oder eine Markierung erlaubt es. Das ist in Bremen jedoch nur selten der Fall.
Warum spielt die rechtliche Lage eine wichtige Rolle?
Einige Bremerinnen und Bremer haben vor einiger Zeit gegen das "aufgesetzte Parken" geklagt. In letzter Instanz gab ihnen das Bundesverwaltungsgericht im Juni 2024 Recht. Ein Urteil, das bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Denn es besagt, dass Städte wie Bremen grundsätzlich gegen das "aufgesetzte Parken" vorgehen müssen.
Allerdings räumte das Gericht der Stadt Bremen den Spielraum ein, zunächst besonders vom aufgesetzten Parken betroffene Stadtteile zu priorisieren, statt flächendeckend einzuschreiten.
Im März 2025 beschloss der Bundesrat, auch auf Betreiben des SPD-geführten Bremer Mobilitätsressorts, allerdings eine Novelle der Straßenverkehrsordnung. Sie weicht die bisherige Regelung zum aufgesetzten Parken auf. So gilt nun, bevor die Verkehrsbehörden einschreiten müssen: "Erforderlich ist stets eine Gesamtwürdigung der jeweiligen Umstände."
Welches Konzept verfolgt Bremen?
Zur Umsetzung des im Juni 2024 gefällten Bundesverwaltungsgerichturteils zum Gehwegparken verfolgt der Senat seit Januar 2025 ein vierstufiges Konzept:
- In Stufe 1 und 2 hat die Stadt vor allem die Rettungssicherheit im Blick. Regelwidriges Parken soll gezielt an engen oder unübersichtlichen Straßenstellen bekämpft werden. Dies wird bereits umgesetzt.
- In Stufe 3 sollen erst danach quartiersbezogene Maßnahmen die Barrierefreiheit in den innenstadtnahen Stadtteilen wie Walle, Findorff, Schwachhausen, Mitte, Östliche Vorstadt und der Neustadt sicherstellen. Konkret soll Parkraum neu geordnet, Bewohnerparken eingeführt und begleitend Fahrradparken und Carsharing eingeführt werden.
- In Stufe 4 sollen schließlich die weiteren Bremer Stadtteile angegangen werden.
Welche Folgen haben die Parkplatzstreichungen für Anwohner?
Für Anwohner bedeutet Bremens Stufenplan: Zunächst werden Parkplätze gestrichen, erst danach werden – möglicherweise – Alternativen geschaffen. Kurzfristig erhöht das den Parkdruck.

Beispiel Viertel: Dort wird, angeregt vom Beirat Mitte, gerade über den Wegfall von rund 40 bislang geduldeten Parkplätzen Am Dobben bis hin zur Sielwall-Kreuzung debattiert. Damit ginge es den Anwohnern dort ähnlich wie jenen auf der anderen Seite der Kreuzung. Denn Am Sielwall wurden auf einer Strecke von rund 130 Metern schon Mitte Mai 2021 sämtliche kostenfreie und bis dato geduldete Parkflächen durch Fahrradbügel ersetzt. Den Umbauarbeiten ging ein Beiratsbeschluss voraus. Rund 18 Parkplätze fielen über Nacht vor den Haustüren der Anwohner weg.
Im hufeisenförmig und an den Sielwall angrenzenden Körnerwall wurden dann im Frühjahr 2024, diesmal vom Mobilitätsressort angeordnet, auf beiden Straßenseiten jeweils rund zehn Parkplätze amtlich per Verbotsschild gestrichen.
In den verwinkelten Seitenstraßen des Sielwalls fielen ebenfalls zahlreiche bislang geduldete Parkmöglichkeiten weg. Und auch am benachbarten Osterdeich stehen, nach der Verbreiterung des Fahrradwegs auf 4,25 Meter, ebenfalls 31 Parkplätze weniger zur Verfügung. Die nächsten 23 Parkplatzstreichungen sind dort bereits geplant.
Was im Viertel passiert, machen derzeit viele Bremerinnen in ihren stadtnahen Quartieren durch. Von einem Tag auf den anderen werden Parkverbotsschilder aufgestellt, Parkplätze in Kneipenterrassen, Fahrradabstellplätze oder E-Scooter-Flächen umgewandelt. Ein "Mobilitätsfrieden", wie ihn Bremens Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD) anstrebt, scheint angesichts dieser Situation kaum möglich zu sein. "Es gibt keinen Anspruch auf einen Stellplatz für den privaten Pkw im öffentlichen Raum", heißt es auf Nachfrage aus dem Mobilitätsressort.
Mit welchen Parkplatzzahlen kalkuliert Bremen?
Wieviele Parkplätze es in den innenstadtnahen Vierteln gibt, ist dem Mobilitätsressort dabei nicht bekannt.

"Flächendeckende Informationen für die innenstadtnahen Stadtteile ohne konkreten Planungsanlass liegen nicht vor", sagt Ressortsprecher Yannoh Mügge.
Der Grund: Solche Untersuchungen seien aufwendig und kostenintensiv. Die erhobenen Daten müssten für eine konkrete Nutzung zudem stets aktuell sein.
Auch Parkraumkonzepte für innenstadtnahe Stadtteile lägen derzeit nicht vor, teilt die Behörde mit.
Können Bewohnerparkflächen zur Lösung beitragen?
"In den Quartieren ist der Parkraum begrenzt", hat die rot-grün-rote Regierung immerhin im Koalitionsvertrag von 2023 festgestellt. Weshalb "Bewohnerparken unter Beteiligung der Beiräte" umgesetzt werden solle.
Umgesetzt wurde das Bewohnerparken seither allerdings noch in keinem der stadtnahen Quartiere mit steigendem Parkdruck. Die letzten Anwohnerparkplätze im Stadtgebiet wurden 2013 rund um die Grünenstraße in der Neustadt, 2016 rund um die Straße Fedelhören am Rembertiring und in einem Modellprojekt 2021 westlich des Klinikums Bremen-Mitte geschaffen.
Sind neue Bewohnerparkflächen geplant?
"Bewohnerparken soll in allen innenstadtnahen Quartieren im Rahmen der Umsetzung des Gesamtkonzepts zum Neuordnen des Parkens eingeführt werden", sagt Mobilitätsressortsprecher Mügge. Insgesamt sollen 38 neue Bewohnerparkgebiete in den innenstadtnahen Stadtteilen eingerichtet werden, sofern die jeweiligen Beiräte zustimmen.
Aufgrund begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen erfolgt die Umsetzung schrittweise.
Yannoh Mügge, stellvertretender Sprecher der Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung
Noch in diesem Jahr soll es allerdings in der Neustadt-West, Walle-Süd, der Östlichen Vorstadt-Südost und in Schwachhausen-West so weit sein. Zudem sei ein Online-Informationsangebot für Bürgerinnen und Bürger geplant.
Wie schreiten die Pläne für neue Quartiersgaragen voran?
Als weitere Alternative zu wegfallenden Parkflächen gelten Quartiersgaragen. Vor allem Oppositionsparteien wie CDU und FDP drängen seit Jahren darauf, diese Option zu prüfen. Auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken heißt es dazu, die Koalition werde "Quartiersgaragen planungsrechtlich ermöglichen und auch durch Brepark anbieten".

Im März 2024 startete das Mobilitätsressort dazu einen Online-Aufruf an die Bremerinnen und Bremer, potenzielle Standorte zu nennen. Das Ergebnis: Mehr als ein Jahr später hat die Behörde Analyse und Prüfung der Rückmeldung noch immer nicht beendet.
Aktuell lägen nur Zwischenstände vor, sagt Ressortsprecher Mügge. "Die Machbarkeitsstudie zum Quartiersparken in Bremen soll aber in den nächsten Monaten abgeschlossen werden."
Ebenfalls noch geprüft würde derzeit, bestehende Parkflächen – etwa bei Supermärkten, Unternehmen, Kirchen oder Sportvereinen – mehrfach zu nutzen, um zusätzliche Parkalternativen zu schaffen. "Hier wurden bei der Bürgerbeteiligung ebenfalls potenzielle Flächen für Pilotprojekte identifiziert", sagt Mügge. Unter anderem in Findorff, Walle und Hastedt.
Was tut die Bremer Politik gegen Autos auf dem Gehweg?
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 28. April 2025, 19:30 Uhr