Meinungsmelder

Passen die Renten-Ideen der Meinungsmelder zu den Wahlprogrammen?

Ein Ehepaar läuft auf einem Waldweg.
Einen ruhigen Lebensabend wünschen sich viele. Ist das erreichbar? (Symbolbild) Bild: dpa | Daniel Maurer

Die Radio-Bremen-Meinungsmelder sehen beim Thema Rente großen Handlungsbedarf. Wir haben daher die Wahlprogramme mit den Forderungen der Befragten verglichen.

Ginge es nach den Radio-Bremen-Meinungsmeldern, sollte sich die nächste Bundesregierung vor allem auf die Rente konzentrieren. Verschiedene Forderungen stehen dabei im Mittelpunkt.

Allem voran wünschen sich viele Meinungsmelder eine Vereinheitlichung des Rentensystems, so dass alle Erwerbstätigen einbezogen werden. Allein für die Aufnahme selbstständiger Erwerbstätiger in das Rentensystem stimmen 72 Prozent der Befragten.

Ein Rentensystem für alle?

Viele der großen Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, greifen dieses Thema auch in ihren Wahlprogrammen auf. So haben sich die Parteien positioniert:

AfD: Die Partei will, dass Staatsbedienstete künftig in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Auch Politiker sollen künftig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die beamtenrechtliche Altersversorgung soll hingegen für bestimmte Beamte beibehalten werden, zum Beispiel für Bundeswehr, Zoll, Polizei, Finanzverwaltung und Justiz.

CDU: Die Union will eine Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einführen, die nicht bereits anderweitig abgesichert sind. Selbstständige sollen dabei die Wahl zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und anderen Vorsorgearten haben. An berufsständischen Versorgungswerken, wie beispielsweise für Apotheker, Ärzte und Architekten, will die Union festhalten.

FDP: Die Freien Demokaten sprechen sich gegen ein einheitliches Rentensystem aus. "Dies würde die Probleme des umlagebasierten Rentensystems nicht lösen können", antworten die FDP-Spitzenkandidaten Volker Redder und Gökhan Akkamis auf Anfrage buten un binnens.

Ein einheitliches Pflichtsystem, in das alle gleich einzahlen müssen, verkennt, dass es Lebensentwürfe wie zum Beispiel bei Existenzgründern und Start-Ups gibt, die gerade zu Beginn ihrer Selbständigkeit jeden Euro dreimal umdrehen müssen.

Bundestags-Spitzenkandidat der Bremer FDP Volker Redder
Volker Redder, Bremer FDP-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl

Linke: Die Partei bezeichnet die Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung in ihrem Wahlprogramm als "Kernprojekt".

Die Linke fordert schon immer eine lebensstandardsichernde Rentenversicherung, für die alle Einkommen herangezogen werden, insofern freut mich dieses Umfrageergebnis und zeigt einen Bedarf, den wir als Linke ebenfalls in den Mittelpunkt stellen.

Doris Achelwilm (Linke)
Doris Achelwilm, Bremer Bundestagswahl-Spitzenkandidatin der Linken

Grüne: Die Grünen wollen die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln, in die perspektivisch alle einbezogen werden.

In einem ersten Schritt wollen wir dabei Selbständige, die nicht anderweitig abgesichert sind, und Abgeordnete in die Rentenversicherung einbeziehen.

Kirsten Kappert-Gonther (Die Grünen)
Kirsten Kappert-Gonther, Bremer Grünen-Spitzenkandidatin

In einem ersten Schritt sollen Selbständige ohne obligatorische Absicherung zum Beispiel in berufsständischen Versorgungswerken und Abgeordnete verpflichtend in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden.

SPD: Die Sozialdemokraten wollen, dass künftig auch Selbstständige, Beamte, Freiberufler und Politiker der gesetzlichen Rentenversicherung angehören. Sondersysteme, zum Beispiel Versorgungswerke, sollen auf lange Sicht abgeschafft werden.

Förderung privater Vorsorge?

Die Kritik an privaten Vorsorgeprodukten wie Riester- oder Rürup-Rente geht auch an den Meinungsmeldern nicht vorbei. Knapp ein Drittel fordern, das Augenmerk auf die private Altersvorsorge zu richten. Vorgeschlagen wird zum Beispiel ein staatlich organisiertes Angebot für die private Altersvorsorge. Die Parteien, die sich dazu in ihrem Wahlprogramm äußern, positionieren sich so:

CDU: Die private Altersvorsorge mit einem Standardvorsorgeprodukt soll für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtend werden. Es sei denn, die Betroffenen widersprechen der Einbeziehung aktiv.

Linke: Die Linke lehnt eine über die Kapitalmärkte "gesicherte" Rente ab. Staatliche Subventionen für die Riester-Rente sollen auslaufen und stattdessen in die gesetzliche Rentenversicherung fließen. Bestehende Riester-Renten-Verträge sollen auf freiwilliger Basis in die gesetzliche Rente überführt werden können. Die Partei setzt langfristig auf ein rein umlagefinanziertes Rentensystem nach österreichischem Vorbild.

FDP: Die Freien Demokraten wollen, dass die Altersvorsorge aus Bausteinen gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge flexibel kombiniert werden kann. Darüber hinaus fordern sie die Einführung einer gesetzlichen Aktienrente. Dafür soll die verpflichtende erste Säule des deutschen Rentensystems künftig auf zwei Pfeiler gestellt werden: die weiterhin umlagefinanzierte Rentenversicherung und eine kapitalgedeckte Altersvorsorge.

Grüne: Die Grünen befürworten zwar eine kapitalgedeckte Altersvorsorge zur Ergänzung des Umlagesystems. Die private Riester- und Rürup-Renten sollen jedoch durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds ersetzt werden. In den Bürgerfonds sollen alle einzahlen, die nicht aktiv widersprechen.

SPD: Die Sozialdemokraten wollen allen gesetzlich verpflichtet Versicherten die Möglichkeit einräumen, sich "in angemessenem Umfang" ergänzend freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern. Zur ergänzenden privaten Altersvorsorge setzt sich die SPD für ein neues standardisiertes Angebot ein, das von einer öffentlichen Institution angeboten wird.

Staatlich finanzierte Mindestrente?

Die Radio Bremen Meinungsmelder sprechen sich vor allem dafür aus, dass Renten "auskömmlich" sind. Immer wieder wird dabei auch das Stichwort "Grundrente" genannt, die eine Grundsicherung übersteigen sollte. Das schreiben die Parteien dazu in ihren Wahlprogrammen:

Grundrente, geschrieben auf einem Scrabble-Brett .
Die Meinungsmelder fordern eine "auskömmliche" Rente. Die Parteien machen dafür verschiedene Vorschläge. Bild: dpa | Winfried Rothermel

AfD: Die AfD will 25 Prozent der Altersrente nicht auf die Grundsicherung im Alter anrechnen, um so Altersarmut zu verringern oder zu verhindern.

CDU: Bezieher staatlicher Transferleistungen im Rentenalter sollen nach Willen der Union grundsätzlich in ihrem Wohneigentum bleiben und eine angemessene Notlagenreserve behalten können, sollten sie entsprechendes Schonvermögen besitzen.

Linke: Die Partei fordert eine steuerfinanzierte "solidarische Mindestrente" von 1.200 Euro für all jene, die ein zu niedriges Alterseinkommen haben, um davon leben zu können. Vermögensfreibeträge sollen sicherstellen, dass soziale Härten vermieden werden und normales, selbstgenutztes Wohneigentum unangetastet bleibt. Das steuerfreie Existenzminimum soll auf 14.400 Euro im Jahr angehoben werden. Kleine bis mittlere Renten wären damit steuerfrei.

FDP: Die FDP will eine sogenannte "Basis-Rente" einführen, durch die Menschen, die gearbeitet und eingezahlt haben, im Alter immer mehr als die Grundsicherung haben. Dazu soll ein Freibetrag bei der Grundsicherung im Alter für Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt werden.

Grüne: Um Altersarmut zu verhindern, wollen die Grünen eine sogenannte "Garantierente" schaffen. Damit vollzeitbeschäftigte Geringverdienende bei langjähriger Beschäftigung im Alter eine auskömmliche Rente erhalten, plant die Partei darüber hinaus eine "arbeitgeberfinanzierte Mindestbeitragsbemessungsgrundlage" einzuführen.

SPD: Die SPD äußert sich im Wahlprogramm zwar nicht explizit zu einer Mindestrente. "Wir brauchen aber ein gerechtes und solidarisches Rentensystem, das allen Menschen im Alter eine angemessene Alterssicherung gewährleistet", sagt die Bremer SPD-Direktkandidatin Sarah Ryglewski auf Anfrage buten un binnens. Dazu gehöre, dass sich künftig alle, also auch Beamte, Selbstständige oder Abgeordnete, an der Finanzierung beteiligten.

Welches Renteneintrittsalter ist ideal?

Nicht zuletzt stößt die Idee, das Renteneintrittsalters weiter zu erhöhen, bei nur 7 Prozent der Meinungsmelder auf Zustimmung. Am häufigsten nannten die Befragten 65 Jahre als perfektes Rentenalter. Die Parteien, die sich im Wahlprogramm oder auf Nachfrage von buten un binnen zu diesem Punkt äußern, haben folgende Position:

CDU: Die Partei äußert sich im Wahlprogramm nicht näher zum Renteneintrittsalter. Auf Nachfrage von buten un binnen schreiben Wiebke Winter und Thomas Röwekamp, die zwei CDU-Direktkandidaten in Bremen und Bremerhaven, allerdings, dass die Frage des zukünftigen Renteneintrittsalters letztlich im Konsens in einer parteiübergreifenden Rentenkommission beraten werden müsse.

Die CDU hat schon immer gesagt, wir brauchen eine längere Lebensarbeitszeit, wenn wir alle älter werden.

Bremer CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Röwekamp.
Bremens CDU-Spitzenkandidat Thomas Röwekamp

Linke: Bremens Linken-Direktkandidaten für die Bundestagswahl, Doris Achelwilm und Cindi Tuncel, sprechen sich klar gegen die Rente mit 67 aus. Spitzenkandidatin Achelwilm bezeichnet die Einführung zudem als "politischen Fehler".

Ein nochmal höheres Renteneintrittsalter ist eine faktische Rentenkürzung und mit der Linken nicht zu machen. Wir wollen eine reguläre Rente mit 65, inklusive Möglichkeiten, schon früher in den verdienten Ruhestand zu gehen.

Grauhaariger Mann in Jacket strahlt vor weißem Hintergrund in die Kamera
Cindi Tuncel, Bremer Linke-Direktkandidat für die Bundestagswahl

FDP: Die FDP will das Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild flexibilisieren. Das bedeutet: Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, erhält eine höhere Rente. Wer das 60. Lebensjahr und mit allen Altersvorsorgeansprüchen mindestens das Grundsicherungsniveau erreicht, soll selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt.

Grüne: Grundsätzlich halten die Grünen an der Rente mit 67 fest. Die Partei will es Menschen aber erleichtern, selbst darüber zu entscheiden, wann sie in Rente gehen wollen.

Eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters ist mit der SPD nicht zu machen.

Uwe Schmidt (SPD)
Uwe Schmidt, Bremerhavener SPD-Direktkandidaten für die Bundestagswahl

SPD: Die Sozialdemokraten lehnen eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ab. Der gesetzliche Anspruch, dass besonders langjährig Versicherte vor Erreichen der Regelaltersgrenze abschlagsfrei in Rente gehen können, soll beibehalten werden.

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Juli 2021, 19:30 Uhr