Die Bürger in Wut nicht demokratisch? Irritation um Bovenschulte-Zitat
Ein Zitat von Bürgermeister Andreas Bovenschulte legt nahe, dass er die Bürger in Wut als nicht demokratisch einordnet. Ist das haltbar?
Auf die Frage, in welcher Regierungskonstellation er in Zukunft regieren möchte, antwortete Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bisher diplomatisch. "Wir werden Sondierungsgespräche mit allen demokratischen Parteien führen", sagte er beispielsweise am Montag nach der Wahl in Berlin. Bemerkenswerter ist allerdings das, was er nachschiebt: "Die Bürger in Wut gehören ausdrücklich nicht dazu." Diese Aussage kann so gelesen werden, dass Bovenschulte die Bürger in Wut nicht für eine demokratische Partei hält. Die Senatspressestelle wollte sich auf Anfrage von buten un binnen nicht näher zu dem Zitat äußern.
These wäre kaum haltbar
Aber: Sowieso wäre Bovenschultes Einschätzung wohl kaum haltbar. "Eine nicht demokratische Partei ist beispielsweise eine Anti-System-Partei, die die Verfassung und den Pluralismus angreifen will oder die einen Führerkult pflegt. All das verfolgen die Bürger in Wut nicht", sagt der Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst.
Zwar gab es laut Probst in der Vergangenheit Äußerungen, die sich am Rande des demokratischen Spektrums bewegt hätten. Gleichzeitig hätten die Bürger in Wut in der Vergangenheit aber auch immer wieder von parlamentarischen und damit demokratischen Instrumenten wie Kleinen Anfragen Gebrauch gemacht – und sich Auskünfte vor dem Staatsgerichtserhof erstritten. Probst hält die Bürger in Wut damit für eine demokratische Partei.
Probst: BiW zwischen rechter CDU und AfD
Abseits der Einschätzungen des Politikwissenschaftlers ist daneben fraglich, ob der Wahlbereichsausschuss eine nicht-demokratische Partei überhaupt zur Wahl zugelassen hätte. Die Bürger in Wut bei den Sondierungsgesprächen außen vor zu lassen, sei laut Probst allerdings Bovenschultes gutes Recht.
Wie die Bürger in Wut aber nun einzuordnen sind, war in der Vergangenheit immer wieder in der Diskussion. Die Bundeszentrale für politische Bildung stuft in einem Beitrag ihre Positionen als rechtspopulistisch und wirtschaftsliberal ein. Auch Probst rechnet sie eher dem rechtspopulistischem Spektrum zu: "Sie bedienen sich rechter Rhetorik, spitzen zu, skandalisieren", so der Politikwissenschaftler. "Ich würde sie irgendwo zwischen rechter CDU und AfD einordnen."
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 16. Mai 2023, 19.30 Uhr