Interview

Fasia-Jansen-Straße: "Ein gutes Zeichen an die schwarze Community"

Bremen benennt Straße nach einer Schwarzen Frau

Bild: Radio Bremen | Mario Neumann

Bremen benennt eine Straße nach einer Schwarzen Frau mit afrikanischen Wurzeln. Virginie Kamche hält das für richtig. Warum, erklärt Bremens Frau des Jahres im Interview.

An diesem Samstag findet das Fest zur Einweihung der Fasia-Jansen-Straße in Bremen-Walle statt. Der Straßenname soll die "Black Community" in Bremen sichtbar machen und an eine Frau erinnern, die als politische Liedermacherin gegen Krieg und Faschismus, für Frieden, Frauen und Gerechtigkeit gesungen hat. Die Fasia-Jansen-Straße steht damit in einer Reihe mit dem Rosa-Parks-Ring am Hauptbahnhof.

Was die Benennung einer Straße nach einer Schwarzen Frau für die Black Community in Bremen bedeutet, erklärt die Bremer Frau des Jahres, Virginie Kamche, im Interview.

Frau Kamche, freuen Sie sich, dass in Bremen eine Straße nach einer Frau mit schwarzer Hautfarbe benannt worden ist?

Ja. Dieses Zeichen, eine Straße nach einer Frau wie Fasia Jansen zu benennen, ist aus meiner Sicht ein gutes Zeichen an die Schwarze Community. Denn auf einer Skala betrachtet stehen Schwarze Menschen aus Sicht einiger anderer Menschen leider noch immer ganz am Ende. Der Kolonialismus hat da bis heute Folgen.

Wo werden diese Folgen deutlich?

Wir haben oft das Gefühl, dass wir hier nicht ernst genommen werden. Da sprechen wir von Diskriminierung bei der Wohnungssuche, am Arbeitsplatz oder im Alltag aufgrund der Hautfarbe. Durch den Kolonialismus ist leider eine Sichtweise geprägt worden, bei der Afrikaner auch mit Sklaven verbunden werden. Bis heute prägt dies das Denken mancher Leute. Kolonialherren weiterhin durch Straßennamen zu ehren, das verzögert die Aufarbeitung.

Am Ende ist es doch so, dass wir alle gleich sind, dass wir alle Menschen sind. Wir haben zwei Füße, zwei Augen wie alle anderen. Wir leben hier, wir studieren hier. Nur weil wir eine andere Hautfarbe haben, sind wir doch nicht ungleich.

Porträt von Virginie Kamche in einer Ausstellung
Die Benennung einer Straße nach der schwarzen Aktivistin Fasia Jansen hält die Bremer Aktivistin Virginie Kamche für den richtigen Schritt. Bild: Nuria Fischer

Fasia Jansens Vater stammte aus Liberia. Sie sind aus Kamerun. Dennoch wird meist von Afrika als Herkunft gesprochen. Ist das für Sie okay?

Ich persönlich sehe mich als Mensch, genau wie alle anderen. Was ich aber auch sehe, ist, wie ich gelesen werde. Und zwar als Afrikanerin. Alles, was schwarz ist, ist erst mal aus Afrika. Da wird nicht differenziert. Inzwischen ist es zwar in den Köpfen der Menschen angekommen, dass Afrika nicht ein Land, sondern ein Kontinent ist. Wenn es aber um die Diskriminierung von Schwarzen Menschen geht, gibt es ja im Grunde keinen Unterschied zwischen Kamerun, Togo oder Liberia. Das hat letztlich auch dazu geführt, dass ich mich als Afrikanerin fühle.

Die Fasia-Jansen-Straße ist ein Beispiel für den gewandelten Umgang mit Rassismus und dem deutschen Kolonialerbe. Das bekannteste ist die Umwidmung des Elefanten am Hauptbahnhof zu einem Antikolonialdenkmal. Wie schätzen Sie die Aufarbeitung in Bremen ein?

Mir ist wichtig, dass es immer weitergeht. Denn man kann ja immer noch nicht sagen, dass Thema Rassismus wäre von gestern. Das ist ja bis heute ein Thema. An jedem 11. August findet daher am Elefanten ein Gedenktag statt, an dem der Opfer des Völkermords an den Herero und Nama im heutigen Namibia gedacht wird. Uns vom Afrika-Netzwerk Bremen geht es dabei vor allem um Begegnungen und Kontakte. So wollen wir Vorurteile abbauen.

Besonders schlimm ist es ja für die Kinder, die hier geboren sind. Sie leiden noch am meisten an solchen Vorurteilen, weil sie sich mit diesem Land, mit Deutschland identifizieren.

Sie haben selbst eine Tochter. Hat sie es nicht einfacher als Sie damals, als Sie nach Bremen kamen?

Ich spreche jetzt nicht nur für meine Tochter, sondern allgemein für die Kinder mit Schwarzer Hautfarbe, die hier geboren sind. Diese Kinder sind hier sozialisiert, die gehen hier zur Schule, die lesen deutsche Bücher. Die Essen auch lieber Grünkohl und mögen kein Foufou – so wie ich (Sie lacht kurz, spricht dann aber sehr ernst weiter.)

Für diese Kinder ist es noch schlimmer. Denn sie haben gedacht, sie sind Teil der Gesellschaft. Stattdessen wird ihnen immer wieder das Gefühl gegeben: Nein. Du bist hier fremd. Das ist eine Katastrophe für sie.

Woran lässt sich das festmachen?

Ich höre zum Beispiel oft von Kindern, die hier aufgewachsen sind, dass ihnen gesagt wird: 'Oh, du sprichst aber gut deutsch.' Dieser Alltagsrassismus, daran leiden sie. Deshalb müssen wir sie auch stärken – zum Beispiel in der Schule. Da geht es auch darum, die Curricula zu entkolonialisieren oder zum Beispiel sensibler mit der Bildauswahl in Geschichtsbüchern umzugehen.

2010 haben Sie das Afrika-Netzwerk Bremen mitgegründet. Was tun Sie seither, um diesem Alltagsrassismus zu begegnen?

Wir wollen ernst genommen werden. Das ist das Wichtigste. Und dafür tun wir vieles. Zu den bekanntesten Projekten gehörten die Ausstellung "Der blinde Fleck" über die Kunst der Kolonialzeit in der Kunsthalle Bremen oder das "Festival der Kulturen" im Fockemuseum.

Uns ist sehr wichtig, die unsichtbare Community sichtbar zu machen und immer wieder Begegnungen von Menschen aller Nationen zu schaffen. Ende April kochen wir zum Beispiel mit dem Chefkoch der Constructor-University auf dem "African Guest Day" ein Mittag- und Abendessen für 1.500 Menschen. Am nächsten Tag können sich die Menschen, die sich dort getroffen haben, dann auf der Straße grüßen. Und Sie fragen nicht mehr: 'Was machst du eigentlich hier?'

Warum diese Bremer Frau des Jahres ein Vorbild für viele ist

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 22. April 2023, 19:30 Uhr