Interview
Bremer Karstadt-Betriebsrätin: "Wir geben nicht auf!"
Seit 38 Jahren arbeitet Sabine Dziadek bei Karstadt in Bremen. Als Betriebsratsvorsitzende will sie nun dafür kämpfen, dass der Standort doch noch erhalten bleibt.
Fünf vor 12 – um diese Uhrzeit sind die Karstadt-Beschäftigten nach der Betriebsversammlung wieder an die Arbeit gegangen. Auch, um ein Zeichen zu setzen: Es ist dringend. buten un binnen hat nach der Versammlung mit der Vorsitzenden des Betriebsrats der Bremer Filiale, Sabine Dziadek, gesprochen. Sie hat die Hoffnung und den Kampf um die Arbeitsplätze noch nicht aufgegeben.
Frau Dziadek, was nehmen Sie von der Betriebsversammlung mit?
Zwischen Betroffenheit und "wir geben nicht auf" war alles dabei. Es überwiegt im Moment der Kampfgeist. Auch auf der Versammlung haben wir gesagt: "Wir sind sture Hanseaten, wir geben nicht auf!"
Wie sieht der Fahrplan für die kommenden Tage aus? Was erwarten Sie jetzt von Karstadt und dem Vermieter Zech?
Wir erwarten auf jeden Fall, dass die Gespräche aufgenommen, beziehungsweise weitergeführt werden. Die nächsten Tage werden wir erst mal all die Dinge angehen müssen, die eine Schließung mit sich bringt. So lange die Schließung nicht vom Tisch ist, müssen wir uns darauf vorbereiten: Wir werden uns mit der Arbeitsagentur, dem Rentenversicherungsträger und der Transfergesellschaft in Verbindung setzen, uns um Zeugnisse für die Beschäftigten kümmern. Wir müssen alles vorbereiten, was die Beschäftigten benötigen, um im Zweifel schnell einen neuen Job zu finden.
Sehen Sie auf der Seite der Belegschaft noch Spielraum, um letztlich den Arbeitsplatz zu retten?
Das ist schwierig. Sicherlich würde der eine oder andere auch weiterhin für den Erhalt des Jobs auf Dinge verzichten, auf die er oder sie schon seit Jahren verzichtet. Die Beschäftigten bekommen seit Jahren kein Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die Gehälter liegen unter dem Flächentarifvertrag für den Einzelhandel. Das wurde damals vereinbart, um Arbeitsplätze erhalten.
Wie haben sie die Stimmung in der Belegschaft wahrgenommen? Was hat Sie nach der Meldung gestern besonders berührt?
Mich hat vor allem berührt, in Gesichter von Menschen zu gucken, mit denen man seit 30 oder sogar 40 Jahren zusammmenarbeitetet. Wir sind wie eine große Familie – und Stand jetzt wird es diese Familie ab dem 31. Januar 2024 nicht mehr geben.
Hier entstehen natürlich auch Freundschaften, Ehepaare haben sich hier kennengelernt – und könnten jetzt gleich doppelt betroffen sein. Diese Auswirkungen in den Gesichtern zu sehen, war für mich nicht einfach.
Sabine Dziadek, Betriebsratsvorsitzende der Bremer Karstadt-Filiale
Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass es bei Karstadt in Bremen weitergehen kann?
Meine Hoffnung für den Standort ist im Moment immer noch groß. Ich werde erst aufgeben, wenn mir jemand signalisiert, dass es keinen Sinn mehr hat.
Auch eine Verkleinerung der Filiale könnte im Raum stehen. Halten Sie das für eine vernünftige Option?
Ich glaube, dass eine verkleinerte Fläche sinnvoll sein könnte. Wir könnten den Laden aber auch in der jetzigen Größe bespielen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 14. März 2023, 7:40 Uhr